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Vertiefung: Die Psychohistorie von Isaac Asimov

Kann es sein, dass ich auf Twitter versprochen habe, mehr über die "Psychohistorie" zu erzählen? Falls ja, möchte ich das jetzt in einer kleinen Vertiefung einlösen. Für alle, die sich fragen, worum es geht: Ich schaue grade "Foundation" auf AppleTV+. Diese TV-Serie beruht auf den drei Romanen von Isaac Asimov, die zwischen 1951 und 1953 die "Foundation-Trilogie" formten.


Dieser Schriftsteller gehört zu den Meistern der Science-Fiction. Er wurde 1920 in der Nähe von Smolensk, der damaligen Sowjetunion geboren. Seine Eltern wanderten drei Jahre später in die USA aus - und dort wurde aus dem Bücherfresser ein großartiger Erzähler. Er ist quasi der Schachspieler unter den Phantastikern, der Begründer und Durchdenker - der, ähnlich wie Jules Verne, den wissenschaftlichen Status quo seiner Zeit studierte. Er hat die berühmten Robotergesetze ersonnen, seine Romane sind angenehm logisch und nichtsdestotrotz abenteuerlich sowie spannend aufgebaut. Aber bevor ich näher auf sein Leben oder seinen Stil eingehe, spule ich direkt vor zur Psychohistorie. Was ist das? Auf Seite 30 der Romansammlung "Die Foundation-Trilogie" (zumindest in jenem Taschenbuch von Heyne aus dem Jahr 2011, 11. Auflage) heißt es dazu in der Enzyklopaedia Galactica:

"(...) Gaal Dornick hat die Psychohistorie unter Benutzung mathematischer Konzepte als den Zweig der Mathematik definiert, der sich mit den Reaktionen menschlicher Konglomerate auf bestimmte soziale und ökonomische Stimulie befasst...Alle diese Definitionen setzen voraus, dass das untersuchte menschliche Konglomerat groß genug für eine gültige statistische Aussage ist. (...) Eine weitere notwendige Annahme ist, dass das menschliche Konglomerat sich der psychohistorischen Analyse nicht bewusst ist, damit seine Reaktionen wirklich vom Zufall bestimmt werden."


Kurz gesagt: In dem Roman von Isaac Asimov sagt der Psychohistoriker Hari Seldon die Zukunft voraus, indem er die Arbeit von Historikern und Soziologen um eine statistische Komponente ergänzt. Er ist eine Art naturwissenschaftlicher Wahrsager, der - und das bringt den Roman in Schwung - den Fall des regierenden Imperiums voraussagt. Hier gibt es dann schöne Parallelen zum Römischen Imperium, das sich ebenfalls zu sicher wähnte. Kein Wunder, dass die stets wiederbelebten Herrscher das nicht ganz so toll finden und die "Sektierer" an den Rand des Universums verbannen. Aber selbst das war quasi vorausgesagt...


Das Interessante an der Psychohistorie ist, dass sie - abseits der mathematischen und statistischen Bezüge - grundlegende Erkenntnisse der Geschichte einbezieht, also das Aufzeigen sich wiederholender Merkmale in speziellen gesellschaftlichen Konstellationen, die z.B. zu Terror, Revolution oder Krieg führen.


Aber bevor das zu weit führt: Ich kann nur empfehlen, diesen Roman zu lesen - denn er steckt voller Überraschungen und Weisheit. Ja, die TV-Serie ist auch ganz unterhaltsam, aber wie so oft kommt sie nicht an das literarische Original heran.


Isaac Asimov ist 1992 in New York gestorben. Er hat zig Hugo-, Nebula- und Locus-Awards gewonnen - ich bin sehr dankbar für jeden seiner Romane. (Bild oben: Isaac Asimov, 1965, United States Library of Congress, gemeinfrei; Bild unten: "Die Foundation-Trilogie", Isaac Asimov, Heyne, 2011)

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