Wenn man in der größten Brettspieldatenbank der Welt aka Boardgamegeek nach "Horror" filtert, werden 3896 Titel angezeigt - das wirkt im Vergleich zur fünfstelligen Ausbeute für "Science Fiction" oder gar "Fantasy" immer noch überschaubar. Aber damit schlägt man am Tisch (zumindest numerisch) den Horror in Videospielen, der laut Mobygames bei 3258 Titeln liegt. Also: Die Auswahl ist enorm. Und da Halloween naht, möchte ich sechs Brettspiele kurz vorstellen, die im weitesten Sinne etwas mit Grusel oder Horror zu tun haben. Das ist allerdings keine kuratierte Bestenliste des Genres, sondern eine bunte Mischung. Ich arbeite mich dabei vom einfachsten bis zum komplexesten Spieldesign vor. So ist vielleicht auch was für Brettspielmuffel dabei, die über die düsteren Tage mal etwas mit Würfeln oder Figuren ausprobieren wollen.
Zombies!!! (2001)
Es soll sofort schlurfen und knallen? Es soll ohne langes Regelstudium für eine halbe Stunde schnell zur Sache gehen? Dann ist Zombies!!! die ideale Wahl, denn hier gilt: Hirn aus, Feuer frei! Selbst die größten Brettspielmuffel dürften die Gefahr erkennen, die in den dutzenden grauen Zombieminiaturen schlummert, die sich da über den Tisch ergießen. Hier geht es aber nicht um ausgefeilte miltärische Squad-Taktik wie im (sehr guten!) Doom - Das Brettspiel: Hier geht es um Action pur über einfache Bewegung und Würfel, um eine fiese halbe Stunde mit sehr viel Blei und Leichen. Dabei entsteht aufgrund der Szenariokarten und Werte zumindest Rollenspielflair light - allerdings mit knallhartem Egoismus. Denn ein Merkmal der morbiden Motivation steckt im total unkooperativen Prinzip: Man hilft sich nicht, man behindert sich sogar. Denn nur einer kann am Ende den rettenden Hubschrauber erreichen. Und genau das sorgt von Anfang an für Spannung, Häme und (böses) Gelächter, wenn der Würfel tragisch fällt. Neben dem Basisspiel für zwei bis sechs Helden sind über Twilight Creations über die Jahre viele thematische Zusatzpakte erschienen. Die englische Version in dritter Ausgabe kostet knapp 30 Dollar. Es gibt auch eine deutsche Version in zweiter Ausgabe von Pegasus, die bei Ebay für etwa 30 Euro gehandelt wird.
Alte Dunkle Dinge (2014)
Wesentlich gemütlicher läuft es in Alte Dunkle Dinge: Dieses stimmungsvoll illustrierte Brettspiel ist eine Art Kniffel mit Zusatzkarten sowie etwas Horrorflair. Zum Fürchten ist es wahrlich nicht (also lasst euch nicht vom komplett übertriebenen "ab 14 Jahren" abhalten, es mit den Kids zu zocken), aber aufgund der einfachen Regeln und des flotten Prinzips eignet es sich, um weniger erfahrene Leute am Tisch zu versammeln. Zwei bis vier Spieler suchen in einem verfluchten Dschungel nach Artefakten und Schätzen. Dabei müssen sie möglichst viele uralte Gefahren bannen. Und je gefährlicher die sind, desto lukrativer ist die Beute. Wer bei der Jagd mehr von derselben Art sammelt, bekommt nochmal Boni. Also: Das ist kein komplexes oder gar herausragendes Spiel, sondern einfach nur kurzweilig solide Unterhaltung, die komplett auf Deutsch für 34,90 Euro bei Feuerland erschienen ist.
Mysterium (2015)
Ihr mögt es weniger kämpferisch, aber dafür kommunikativ und detektivisch? Dann ist Mysterium als einsteigerfreundliches Familienspiel vielleicht einen Blick wert - zumindest braucht der Geist eines Toten hier eure Hilfe. Allerdings kann er nicht sprechen und lediglich über Träume mit euch kommunizieren, damit ihr seinen Mörder findet. Aber wie deutet man sie richtig? Das Spiel sieht aufgebaut richtig gut aus und seine surrealen Symbole sowie Motive sind nicht nur Teil des übernatürlichen Krimis, sondern regen natürlich zum Diskutieren an.
Im Gegensatz zum Klassiker Cluedo muss man hier zwar keine knallharten Beweise ausschließen und der deduktive Anspruch hält sich in Grenzen - das ist also nix für Kriminalkommissare. Aber dafür grübelt man über Visionskarten, versucht den anderen zu helfen und richtig zu tippen. Das deutsche Regelwerk ist schnell verinnerlicht und man kann die Schwierigkeit mehrstufig anpassen, falls Kids mitmachen. Mysterium ist für zwei bis sieben Spieler ausgelegt und für knapp 40 Euro erhältlich.
Betrayal at House on the Hill (2004)
Was wäre Halloween ohne ein verfluchtes Herrenhaus? Ohne Kultisten und Schreckmomente? Eben! Einer der Klassiker unter den Brettspielen dieser Horror-Art ist Betrayal at House on the Hill. Viele Jahre war es nur auf Englisch erhältlich, aber es ist auf Deutsch für drei bis sechs Spieler für 40 Euro erschienen - und ich kann es empfehlen, wir haben es kürzlich erst wieder gespielt. Zwar erreicht es bei weitem nicht die hochwertige Ausstattung oder das Rollenspielflair eines Villen des Wahnsinns, die Miniaturen sind eher primitiv modelliert und die Kärtchen nur solide illustriert, aber dafür kommt es zügig und sehr unterhaltsam auf den Punkt. Sprich: Auch mit weniger erfahrenen Spielern kann man hier sehr viel Spaß haben. Der dramatische Kniff ist, dass alle zunächst gemeinsam das Haus erkunden, bevor plötzlich ein Spuk ausgelöst wird, der aus einem (oder mehreren) einen Verräter macht. In diesem Moment verlässt er den Tisch, um sich seine geheime Agenda durchzulesen, während die anderen beraten, wie sie ihn aufhalten können - für jede Partei gibt es ab diesem Moment eine eigene kleine Quest-Übersicht. Gerade diese Trennung sorgt natürlich umgehend für Spannung und Konflikte.
Arkham Horror: Das Kartenspiel (2016)
Arkham Horror: Das Kartenspiel ist eine wunderbare Möglichkeit, auch ohne all zu komplexes Regelwerk sehr viel taktischen Rollenspielspaß in einer Lovecraft-Welt zu haben. Es entsteht ein lebendiges Abenteuer mit viel Kommunikation, weil man sich zusammen freut oder flucht. Und während die Ermittler dem Geheimnis näher kommen, wächst natürlich das Unheil, bis es tragisch eskalieren kann. Auch wenn man hier keinen großen Spielplan mit Miniaturen sondern nur Karten auslegt: Es entsteht eine gemütlich-gruselige Stimmung samt Würfelproben, Inventarmanagement und Fähigkeiten. Schön ist auch, dass jeder Held aufgrund der exklusiven Decks klare Schwächen und Stärken zeigt. Das "Living Card Game" wurde mehrfach erweitert, ist für einen bis vier Abenteurer ausgelegt, kann aber auch sehr gut solo gespielt werden. Es ist komplett auf Deutsch erschienen und kostet knapp 50 Euro.
Eldritch Horror (2013)
Und da wir schon bei Spielen zum Thema H.P. Lovecraft & Cthulhu sind: In der Reihe wirklich guter Brettspiele wie Arkham Horror oder Villen de Wahnsinns ist Eldritch Horror eines der jüngsten Abenteuer. Hier geht es nicht wie im Ersteren um den Horror in einer Stadt oder wie im Zweiteren (der wie gesagt auch klasse ist!) um jenen in einem verfluchten Herrenhaus, sondern um die ganze bedrohte Welt. Wer jetzt denkt, dass es à la Risiko recht militärisch zur Sache geht, der täuscht sich: Eldritch Horror ist ein kooperatives Rollenspielmonster, das leichtsinnige Abenteurer schnell verspeisen kann. Hier braucht man Bis zu vier Helden debattieren über das Schicksal und Schrotflinten, klamüsern die nächste Reise aus, fluchen und jubeln nach einem Würfelwurf. Können sie der unsichtbaren KI des Großen Alten mit Teamwork, Glück und Tapferkeit ein Schnippchen schlagen? Zwar ist das Spiel einsteigerfreundlicher und klarer strukturiert als der Klassiker Arkham Horror, aber eher was für Experten als Neulinge. Hier braucht man deutlich mehr Zeit und Geduld, als etwa im oben erwähnten Betrayal at House on the Hill. Aber dafür sieht es prächtiger aus und unterhält auch länger. Eldritch Horror ist für einen bis acht Spieler ausgelegt und kostet auf Deutsch knapp 40 Euro.
Ihr wollt doch lieber einen Lovecraft-Krieg und Risikoflair mit XXL-Miniaturen? Dann kann ich euch Cthulhu Wars empfehlen.
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Wir haben uns dieses Jahr Horrified gegönnt. Mit vereinten Kräften gegen die Universal Monster - Frankenstein, die Mumie und co. Macht total Laune und ist nicht so heftig wie Eldritch oder Arkham. Winter der Toten haben wir früher auch viel in der kalten Jahreszeit gespielt!
Wow, vielen Dank für die tollen Präsentationen, welche ich mir notieren und bei Gelegenheit ausprobieren werde.
Kennen und schon mehrere Jahre lang spielen tu ich in dieser Liste eigentlich nur Arkham Horror und es wird einfach immer noch nicht langweilig. Die Kampagnen sind echt spannend, jedoch auch lange. Wir verbringen zu zweit nicht selten bis zu vier Stunden an einem Kapitel. Der Austausch über das weitere Vorgehen und das schmieden der verschiedenen Strategiepläne ist jedesmal ein Riesenspass und führt teils zu hitzigen (aber immer harmonischen) Diskussionen. Einzig die Add-Ons (DLCs, wenn man so sagen will) sind teilweise ziemlich schwer und haben auch schon zu Frust geführt. Das ist denn auch der einzige Kritikpunkt: das Würfeln und die Ereigniskartenreihenfolge sind Glücksache…
Ich habs nicht so mit Halloween, oder auch mit Horror. Trotzdem mal meine (nicht ganz ernstgemeinten) 3-4 cent die hier im Schrank stehen:
- Zombie Dice! ... BRAINS! Hat Zombies (also Horror) die Gehirne fressen wollen. Und das simple "Regelwerk" ist ein Horror für alle verkniffenen Euro-Brettspieler, die nichts lieber machen als im Mittelmeer bunte Holzwürfel zu handeln ;-)
- Höllenhaus (von 1985, Schmidtspiele, vermutlich ein paar Euronen auf ebay?), ist gar nicht so weit weg von "Betrayal at House on the Hill", einer ist (am Anfang) der Bösewicht, die andere entdecken ein alte Haus, es passieren schlimme Dinge, man kann selber böse werden oder der Böse auch wieder gut ... und das notfalls auch mehrfach hin und zurück. Die…
Vielen Dank! Zombicide ist auch sehr empfehlenswert. Inzwischen in 2. Edition erschienen und mit 90€ allerdings nicht grad günstig. Macht aber richtig Laune.