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Rezension: The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom (SW) 

Als der Dämon erwacht und das Königreich erbebt, ist der Held machtlos: sein Schwert zerfressen, die Prinzessin verschwunden, das Ende nah. Doch ein Deus ex machina rettet ihn in letzter Sekunde. Er schenkt ihm seinen Arm, in dem Magie aus längst vergessener Zeit schlummert. Also zieht Link los in die bedrohte Welt, um neue Kräfte zu erproben, Zelda zu finden und das Böse zu besiegen.



Modernes Märchen

Diese Geschichte ist hundertfach erzählt. Alle Kulturen und noch mehr Spiele kennen den heroischen Kampf zwischen Gut und Böse. The Legend of Zelda folgt seit fast 40 Jahren diesen Motiven, zitiert und renoviert sie, mit all ihren Archetypen, ihren Widersprüchen, ihrem Kitsch. Trotzdem hat es nicht an Reiz verloren. Im Gegenteil: Es ist ein modernes Märchen, das sich immer wieder neu erfindet und mittlerweile Generationen verbindet. Und jeder hat unter all diesen Links seinen Favoriten.

Vielleicht schwärmen Eltern von der ersten Begegnung mit ihm auf dem NES, wie fasziniert sie 1986 von der Freiheit waren, als man tatsächlich nahtlos von einem Wald in einen Dungeon spazieren konnte. Sie könnten von Majora’s Mask und der Macht der Zeit oder von einem tapferen, vom Wind gezeichneten Seemann berichten. Und während sie davon erzählen, gleiten sie oder ihre Kinder vielleicht auf der Switch durch die Wolken, um auf Inseln im Himmel an einem Flugzeug mit Raketenantrieb zu basteln. Spiele kennen heute fast keine Grenzen mehr. Und doch brauchen sie Wurzeln, die ihnen Halt geben.



So erleben sie alle erneut den Kampf gegen das ewige Böse, bei dem dieses Zelda trotz seiner Dämonen immer hell und fröhlich, lustig und gutmütig blieb. Das kann man vom Erzfeind Ganondorf zwar nicht sagen, der als verweste Mumie mit Feueraugen erwacht. Aber hier fletschen Orks keine spitzen Menschenfresserzähne, sondern Bokblins watscheln heran. Falls Link ihre Maske trägt, schnuppern sie wie Hunde an einem herum. Und das wird nicht das einzige Déjà-vu bleiben. Denn vom dramatischen Blutmond bis zur blubbernden Kochschüssel, von den wilden Pferden bis zu den geisterhaften Krogs, vom Ausdauerverlust bis zur Waffenabnutzung, erkennt man überall das spielerische Fundament des Vorgängers.


Die großen Wandlungen


Zelda hat sich in seiner langen Geschichte nur zweimal systemisch verwandelt: Einmal 1998 mit Ocarina of Time in der dritten Dimension. Ein weiteres Mal 2017 mit Breath of the Wild in der offenen Welt. Darin bereicherte Nintendo dieses Genre um eine bis dato nicht gekannte spielmechanische Vielfalt, inszenierte ein frisches Erlebnis von Survival mit charmantem Arcade- und Rätsel-Flair. Ich war beeindruckt von der Interaktivität im Kleinen, mit der Nintendo seine Hingabe für das freie Spielen und Ausprobieren demonstrierte.


Wer diesen letzten Schritt jedoch nicht mochte, wird eher wehmütig zurückblicken. Und vielleicht nicht erfreut sein, dass Producer Eiji Aonuma in Tears of the Kingdom nicht nur direkt daran anknüpft, sondern auch die Zukunft der Reihe an dieses Spieldesign bindet. Darin besteht allerdings auch eine Chance. Denn selbst wenn Nintendo nicht die Fehler eines Assassin’s Creed in offener Welt macht, so schleichen sich doch eigene ein. Und ja, das Gefühl des Bekannten ist diesmal besonders stark. Doch es gibt auch mehr als eine große Veränderung, und dazu viele kleine, die sich spürbar auf das Erlebnis auswirken.



Denn aus dem ehemaligen Ritter mit Schild und Schwert, der wie ein Robinson Crusoe zum Überlebenskünstler avancierte, ist jetzt auch ein da Vinci mit Ultrahand geworden. Link ist ein Kämpfer und Mechaniker, ein Held und Ingenieur, der sogar die Zeit zurückspult. Aber obwohl er früh im Spiel wie ein Halbgott agieren kann, kann er immer noch ertrinken, zu Tode stürzen oder mit einem Hieb umgehauen werden. Etwas anderes erdet ihn jedoch so, dass er gewöhnlicher wirkt: Denn in dieser neuen Vielfalt wird er noch mehr zum Sammler und Verbraucher, mit immer vollen Taschen und schnell zerbrochenen Waffen. Es gibt ja längst nicht mehr das eine Schwert, sondern ein Arsenal aus Klingen und Speeren, die er sogar selbst aus Stock und Stein herstellen kann.

Zauberhafte Zelda

Das ist einerseits nützlich. Und kann zu coolen Synthesen führen. Nur ist Nintendo mit dem Prinzip an sich nicht Pionier, sondern Nachahmer, getrieben vom Trend all der Baukästen und Rohstoffverarbeitungen, die es in unterschiedlicher Ausprägung von The Witcher 3 über God of War Ragnarök und Elden Ring bis Final Fantasy XVI gibt. Sechs Jahre nach Breath of the Wild gibt es auch angesichts dieser Flut eine spürbare Ermüdung unter Spielern. Das Abgrasen digitaler Felder, das Konsumieren und Craften wirkt gewöhnlich. Vielleicht erkennt Nintendo ja, dass mit dem Überfluss ein wenig von der Magie verloren geht. Vielleicht hat man sogar schon Pläne für eine Reduzierung, die ich nach Tears of the Kingdom empfehlen würde. Aber nachdem ich so viel Spaß in diesem Spiel hatte, klingt das dramatischer als es ist. Zumal sich Nintendo in anderen, sogar wichtigeren Bereichen, treu bleibt und so vieles verdammt gut macht.

Denn Link verfügt zwar so früh wie in keinem anderen seiner Abenteuer über die Macht eines Halbgottes, aber er wird nicht wie ein omnipotenter Superheld inszeniert. Er macht keine dummen Sprüche, wirkt in Sandalen und Tunika fast wie ein antiker Jüngling. Er sieht ein wenig erwachsener aus, athletisch und selbstbewusst, aber hat sich auf gewisse Art seine Unschuld sowie die Neugier des Kindes bewahrt. Und die ist für Spieler jeden Alters immer der beste Begleiter.

Und die Regie beschwört den Geist der alten Zeit. Dem Einstieg in dieses Abenteuer wohnt etwas Archaisches, fast Zauberhaftes inne. Wenn man Zelda bei Fackelschein in das Dunkel unter dem Schloss folgt, wo sie Schriftzeichen und Wandmalereien in toller deutscher Sprachausgabe analysiert, kann man ihre Schönheit sehen, ihre Klugheit hören und ihre Sorge nachfühlen. Während sie spricht, schweigt Link und lauscht wie ein neugieriger Schüler. Das sind so schöne Momente, dass ich mir ein komplettes Zelda in dieser Art wünschen würde.


In diesen Szenen gelingt nicht nur die Verbindung zwischen Spieler und Held, die ihm ja 1986 seinen Namen verlieh. Es entsteht zudem eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, und zwar auf zwei Ebenen. Das hat mich richtig gefreut. Denn zum einen knüpft Nintendo mit der Ausgangslage an einen großartigen Klassiker der eigenen Spielhistorie an. Und zum anderen weckt die Regie damit natürlich das Interesse an der Vorgeschichte von Hyrule. Oder besser: an dieser Version von Hyrule.

Chozo und Sonau

Die archäologisch inspirierte Story mit den Geheimnissen eines uralten Volks namens Sonau, das einst weise und mächtig war, aber tragisch im Kampf gegen einen Dämon unterging, hat mich in vielen Bereichen an die Chozo aus Metroid Prime erinnert. Das hat ja kürzlich als Remastered demonstriert, wie wohltuend die Beschränkung auf das Wesentliche sein kann, die ein Action-Adventure damals noch auszeichnete. Shigeru Miyamoto hatte übrigens die Idee dieser Historie um ein altes Volk. Die Bauwerke sowie Mode der Chozo, dieser außerirdischen Vogelwesen, wirkten ebenfalls ein wenig aztekisch. Auch sie waren erhaben, weise und hinterließen der Heldin Samus ebenso mächtige Artefakte. Und genau in diese Rolle schlüpfen die Sonau, deren Konstrukte auch freundliche Helfer sein können.



In Breath of the Wild sah man zwar ihre Ruinen. Aber ihre Herkunft und ihre Erbauer blieben ein Geheimnis, das jetzt gelüftet wird. Denn als der alte Erzfeind Ganondorf erwacht und das Schloss aus der Erde gerissen wird, regnen weitere Ruinen wie Meteoriten vom Himmel. Dort bildet sich eine neue Welt voller Inseln mit ihren Relikten, während sich schwarzrotes Miasma wie eine Seuche ausbreitet. Wer jetzt allerdings wie ein Historiker eine Chronologie erstellen möchte, der kann nur scheitern. Denn obwohl es so aussieht, als würde dieses Abenteuer ein paar Jahre nach Breath of the Wild beginnen, erinnern sich bekannte Figuren nicht an den alten Kumpel Link. Es gibt noch andere Merkmale, etwa die fehlenden Titanen, die darauf deuten, dass hier mehrere Zeitlinien in einem neuen Mythos, einer neuen Version von Hyrule verschmelzen.

Wenn man nach dieser Katastrophe plötzlich von einer gütigen Stimme im hellen Licht begrüßt wird, von einem geisterhaften König der Sonau, dann entfaltet sich die zeitlose Anziehungskraft des Märchenhaften. Man fühlt sich gut aufgehoben bei dieser riesenhaften Gestalt namens Rauru, der etwas über Zeldas Verschwinden weiß und Link die mächtige Ultrahand verleiht. Er berichtet davon, dass sein Volk die Konstrukte erschaffen hat, die es irgendwann nicht mehr kontrollieren konnte und die jetzt zu feindlichen Automaten geworden sind. Vielleicht fühlen sich einige ältere Spieler sogar erinnert, denn er trat in Ocarina of Time als einer der acht Weisen auf und wurde auch in The Wind Waker erwähnt. Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich die Wiederkehr bekannter Motive.


Allerdings weicht das Zauberhafte des Einstiegs zunächst dem Verspielten und Funktionalen. Außerdem werden unter dem stilistisch Majestätischen der Höhenflüge bald die Beschränkungen der Technik sichtbar. Dieses Zelda ist letztlich der Schwanengesang für die alternde Switch, die vermutlich im Frühjahr 2024 abgelöst wird. Aber bis dahin zeigt es nochmal reichlich kreative Impulse und neue Kräfte über Links mächtigen Arm.

Link daVinci


Man fühlt sich fast wie ein Lehrling für Maschinenbau, wenn man auf der Insel im Himmel in die konstruktiven Fähigkeiten der Ultrahand eingewiesen wird. Schon hier kann man Stunden mit dem Experimentieren verbringen, während man die Steuerung verinnerlicht. Die lässt sich leider nicht komplett anpassen, was einige über PlayStation konditionierte Spieler zunächst irritieren dürfte. Aber immerhin darf man die Sprungtaste wechseln. Das fällt auch deshalb auf, weil freie Steuerungsbelegungen heutzutage normal sind und man diesmal sehr viel mehr in Kampf und Welt interagieren kann. Ich habe jedenfalls in keinem Zelda so viel Zeit in Menüs verbracht.


Sobald man die Ultrahand einsetzt, sinkt übrigens die Bildrate. Das ist zwar angesichts der eher langsamen Aktionen beim Basteln nicht gravierend, aber man kann diese Fähigkeiten auch gegen Feinde einsetzen und es gibt später in belebten Regionen spürbare Ruckler, die ebenfalls an die technischen Grenzen der Switch erinnern. Auf spielerischer Ebene durchbricht man sie jedoch.


Schon der Vorgänger war mit all den Kochzutaten sowie Interaktionen sehr vielfältig. Aber jetzt öffnet Nintendo die Tore in eine universale Werkstatt eines daVinci mit schier endlosen Kombinationen. Sie folgen physikalischen Gesetzen, so dass sich Schwerkraft, Hitze, Wind und Wasser auswirken, inklusive Aufwinden über Lagerfeuer, die man mit Tannenzapfen verstärken kann, oder Gesteinsbildung in der Lava, wenn man sie mit Wasser bespritzt. Zwar gehörten Hitze und Kälte schon seit Breath of the Wild zum Survival-Flair, auch das Abbrennen von Holz und Wiese ist nichts Neues, aber das Spektrum wurde erweitert. Diesmal lassen auch Minecraft und Fallout 4 grüßen.


Die Macht der Ultrahand


Man kann Gegenstände verkleben, um aus Stock und Stein einen Hammer, aus Baumstämmen eine Hütte, ein Floß, eine Brücke oder ein Schiff samt Antrieb zu bauen. Es gibt zig Arten von Vehikeln, vom Pferdewagen über den Heißluftballon bis zum Panzer sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ich hatte zwar keine Lust auf Vehikel in XXL, weil ich sie als ästhetische Fremdkörper empfinde. Aber trotz meiner Skepsis macht es richtig Spaß, damit zu experimentieren. Sobald man etwas mit der Ultrahand aufhebt, kann man es horizontal und vertikal drehen, um es passend auszurichten. Ich empfehle allerdings die Deaktivierung der Bewegungssteuerung.


Wer mit einem Holzbrett in die Nähe eines anderen kommt, kann sie bei Annäherung auf Knopfdruck verbinden. Das klappt ganz gut, hat nur manchmal seine Tücken, wenn zwei oder drei Bretter nebeneinander liegen, so dass der Klebepunkt nicht sofort an der gewünschten Stelle erscheint. Dann heißt es erstmal Ordnung schaffen und umräumen. Hat man sich beim Kleben vertan, kann man über schnelles Rütteln des Analogsticks alle Teile trennen. Die Handhabung des Verbindens und Lösens ist also gut. Selbst die Waldgeister, die man oft transportieren darf, lassen sich sicher platzieren und wieder ausschiffen.


Neben den drei Lebensherzen sowie der Ausdauer hat Link jetzt eine Batterie am Gürtel, die zunächst drei grüne Balken anzeigt, die man später erweitern kann. Diese Energie ist also endlich und fließt bei einem Schlag in Ventilatoren oder Raketen, so dass sie anspringen und angetrieben werden. All diese mechanischen Konstrukte stammen von den Sonau. Manche findet man einfach so, andere kann man an Kugelspendern über das Tauschen von Artefakten sammeln, so als wäre man auf der Kirmes. Dann hat man quasi eine Turbine, einen Kochtopf oder einen Wasserspender to go, die sich einmal einsetzen lassen.


Hier sind sie dann wieder, die Widersprüche, die aus Hyrule eher einen experimentellen Spielplatz als eine glaubwürdige Spielwelt machen. Auf dem muss man wie in der Steinzeit ein Feuer mit Holz und Feuerstein samt Schlag entzünden, während man eine Hightech-Rakete mit sich rumträgt. Trotzdem hat dieser Stilbruch seinen Charme, zumal er erzählerisch begründet wird und Magie sowie Technik schon öfter in der Fantasy zusammen kamen. Und es ist schön, dass Nintendo das archäologische Leitmotiv nicht nur filmisch einsetzt, sondern auch auf die Bewohner überträgt, die selbst nach Artefakten und Antworten in der Spielwelt suchen, woraus sich wiederum Quests ergeben. Trotz der Widersprüche kann sich also je nach Spielweise ein harmonischer Kreis schließen.

Das Basteln bezieht sich aber nicht nur auf die Umwelt, die man übrigens mit seinen Taten ähnlich wie in The Witcher 3 permanent verändern kann, sondern auch auf das eigene Inventar. Man kann seine Schilde und Waffen bis hin zum Bogen mit je einem Element verschweißen, seien es Pilze, Steine, Hörner oder Splitter, um sie so stärker zu machen oder mit Effekten wie Eis, Feuer oder Staub zu belegen. Wer Augen von Monstern mit Pfeilen kombiniert, macht sie zielsuchend; wer einen Feuerkopf der Sonau an einen Speer klebt, hat einen Flammenwerfer. Allerdings sehen manche Waffen einfach schlimm albern aus und haben den bekannten Nachteil: sie nutzen sich ab.



Das kennt man aus dem Vorgänger, aber hier hat es mich irgendwann genervt, weil sie zu schnell zerbrechen und das Inventar ständig voll ist. Man kann die Langlebigkeit zwar mit entsprechendem Material erhöhen, aber als ich in einer Höhle unterwegs war, deren Durchgänge alle zehn Meter von Felsbrocken versperrt waren, musste ich mehr als ein halbes dutzend Steinhämmer, Steinschwerter oder Steinspeere verbrauchen, nur um den Weg zum nächsten Gang frei zu kloppen. Natürlich gibt es auch Bomben, aber wenn man nicht genug hat, muss man per Hand ran und immer wieder draufhauen. Ich habe in keinem Zelda so viel gesammelt und gehämmert wie in diesem.

Hier zeigt sich dann die stupide Kehrseite der Sammel- und Bastel-Medaille, die Leveldesigner ja auch dazu nötigt, überall genug Holzstöcke und Felsen auszustreuen, damit man sich im Zweifel einen Hammer bauen kann. Manche Orte der Spielwelt sehen aus wie Stapelplätze für Baustellen. Das lässt sich ebenfalls durch die Story des Wiederaufbaus erklären. Und unterm Strich hatte ich mehr Spaß als Frust mit all den Konstruktionen. Allerdings habe ich auch gemerkt: Ich will in einem Zelda nicht Bob der Baumeister sein, sondern Link der Ritter. Daher war ich erleichtert, dass es neben dem Geklebe und Gehämmer genug Abenteuer klassischer Art gibt. Also Erkundung, Rätsel und Kampf in einer weitläufigen, von einem Tag- und Nachtwechsel sowie Temperaturen beeinflussten und so clever verzahnten Welt, dass man sich für Wochen darin verlieren kann.


Weitläufige Welt mit Untiefen

Wenn man das erste Mal wie ein Fallschirmspringer in die Tiefe jagt, all diese schwebenden Ruinen neben sich und weit unten das vertraute Königreich mit seinen grünen Wiesen sieht, ahnt man noch nicht, was einen alles an neuen Erlebnissen erwartet. Und mit welchen Siebenmeilenstiefeln man diese Welt erkunden kann, sei es im Galopp, im Gleitflug oder wie eine Rakete in die Höhe schießend - selbst durch einen Berg hindurch. Es gibt nicht nur ein Meer aus Inseln voller Ruinen zwischen den Wolken, teilweise mit Schienen verbunden, dazu all die Höhlen und Brunnen in einer Landschaft, die zwar weitgehend bekannt, aber jetzt fast wie ein Schweizer Käse anmutet.

Nintendo hat die Spielwelt nicht nur durchbohrt, sondern sie durchgeschüttelt, ausgehöhlt und damit ein neues Dach sowie Fundament gezimmert. Und das ist verblüffend. Denn dass es neben dem Himmel auch eine gefühlte Hölle gibt, in die man einen Kilometer weit durch unheimliche Schwärze hinab gleitet, während eine Gänsehaut den Nacken hinauf kriecht, das war nicht zu erwarten. Und das erinnert natürlich an diese Wow-Momente aus Elden Ring, wenn man das erste Mal die Fahrstühle entdeckt. Diese beiden Spiele aus Japan inspirieren und zitieren sich übrigens auf charmante Art.



Ähnlich wie im Action-Rollenspiel von FromSoftware kann man die dunklen Tiefen eines Untergrundes erkunden, der wie ein urzeitlicher Meeresboden anmutet, auf dem alle Schrecken zunächst in Dunkelheit gehüllt sind. Dort unten muss man erstmal Licht machen, sei es durch eigene Fackeln oder besser noch, durch den Kontakt mit einer Pflanze, damit man zumindest erkennen kann, was da kreucht und fleucht, was es für Gefahren und Schätze gibt. An dieser Stelle erlebt man Abenteuer pur, mit all der Ungewissheit und Hoffnung, sogar unheimlichen Momenten. Plötzlich geht man ganz langsam auf ein Podest mit schwarzer Schattenkreatur zu, die einen aufzulauern scheint. Aber dieses Zelda überrascht immer wieder mit eigenen Ideen.

Verwobenes Spieldesign


Was das Spieldesign sowie die Regie betrifft, kann Nintendo große Stärke demonstrieren. Zwar wird die Geschichte um Zelda und ihr Verschwinden nur weitererzählt, wenn man Tränen der Erinnerung in den weit sichtbaren Landschaftsmalereien sammelt, die zu filmischen Rückblicken mit Sprachausgabe führen. Die haben mir inhaltlich gut gefallen, sie füllen die Lücke und verraten natürlich mehr über das Schicksal der Prinzessin.

Ich bin auch weiter ein Freund des schweigsamen Link, ich will ihn nicht hören. Aber diese freie Struktur des Storytellings, das man selbst ohne Schweiß anschubsen kann, hat mir nicht so gut gefallen. Denn so wirkt der Kern der Erzählung wie eine optionale Quest, die man übrigens in der richtigen Reihenfolge absolvieren muss, wenn man den roten Faden sucht. Man hätte sie vielleicht eher an die wichtigen Ereignisse, also die Bosse anschließen sollen, um die Relevanz der Story zu stärken. Aber auch da hätte man das Problem der Abfolge und vielleicht hatte man auch Bedenken, dass zu viele daran scheitern.


Ansonsten werden Erkundung, Kampf und Rätsel so meisterhaft miteinander verwoben, dass man sich wie in einem epischen Netz der möglichen Handlungen fühlt. Und man kann sich hoffnungslos in dessen Abzweigungen verlieren. Man muss sich regelrecht zwingen seiner Route zu folgen, weil man weiß, dass überall kleine und große Aufgaben oder Geheimnisse warten, von versteckten Dörfern bis hin zu einem verfluchten Wald, der im Nebel liegt.


Was allerdings auffällt ist, dass es viel weniger Juwelen gibt und dass sich irgendwann eine gewisse Ernüchterung hinsichtlich der Belohnungen einstellt. In der Weite und der Masse verliert sich manchmal das Besondere. Wenn z.B. in einer Kiste mal wieder eine Waffe ist, die man schon hat, vielleicht sogar in besserer Variante. Oder wenn man sich extra die Mühe macht, eine der optionalen Kisten in den Schreinen zu finden und mit Krimskrams abgespeist wird. Hier ist man dann eher nüchterner Sammler und Vervollständiger als Schatzjäger. Aber es gibt auch einzigartige Sets aus Rüstungen, die man nur findet, wenn man bestimmte Areale meistert. Und wer sich in die Tiefen wagt, wird u.a. einzigartige Klingen finden, die nicht vom Miasma zerfressen sind. Immer wieder glimmt also die alte Freude der besonderen Entdeckung auf.

Die Regie versteht es zudem sehr gut, subtile Hinweise zu geben, so dass man nur angestoßen wird, aber selbst suchen und recherchieren muss. Zwar gibt es eine Übersicht mit Haupt- und Nebenquests, die man als goldene Punkte auf der Karte anzeigen lassen kann. Aber man wird selten plump ins Ziel geschubst, sondern muss aufmerksam bleiben, mit all den Leuten sprechen, das Land und die Karte studieren. Auf der kann man hilfreiche Markierungen setzen, wenn man mal wieder irgendwo etwas Interessantes entdeckt. Und das Erzählen über die Landschaft ist im wahrsten Sinne mehrdimensional, denn neben der Oberwelt wird sowohl der Himmel als auch die Unterwelt kartiert. Und so manches X auf einer Schatzkarte markiert Orte weit unter Tage.

Odyssee von A nach B


Was Nintendo sehr gut gelingt, ist die sanfte Führung hin zu den wichtigen Orten, die Link im Idealfall in bestimmter Reihenfolge besucht. Als Erstes wird z.B. das verschneite Gebiet der Orni empfohlen, danach die Lavawelt der Goronen. Das sind zwar nur Hinweise, aber wenn man sich daran hält, und wenn man mit den Leuten in den Ställen oder auf Wanderung spricht, erkennt man die geschickte Verdichtung von Story und Spielmechanik, von Anekdoten und Missionen.

Man findet genau die nützlichen Hinweise, Mahlzeiten und Gegenstände, die man braucht, um z.B. dem Frost in den Bergen zu trotzen, der Link bekanntlich töten kann. So findet man auch Gefährten, die einen begleiten und die sehr nützlich sind, wenn sie mit Pfeilen schießen oder Rückenwind geben. Selbst beim Lösen von Rätseln sind sie relevant. Man wächst und entwickelt sich auf eine überaus harmonische Art, wenn man diesen großen Wegen der Story folgt. Dabei hört man übrigens immer wieder Sprachausgabe, wenn man mit den Leuten spricht.


Aber es ist gar nicht so leicht, auf dieser Route zu bleiben. Denn kaum bewegt man sich ein wenig mit der Hauptgeschichte auf sein Ziel zu, im Sattel seines Pferdes dem Weg folgend, entdeckt man links einen Brunnen, davor ein Lagerfeuer mit Hütte, rechts eine Ruine und weiter vorne eine Höhle. Ihre wertvollen Zutaten für Gekochtes will man sich schnell holen, denn ihre Boni für Rüstung, Leben und Angriffskraft, gegen Frost, Hitze oder Miasmaschaden, der dauerhaft Herzen frisst, können über Sieg und Niederlage entscheiden. Wenn man die Pilze hat, teleportiert man sich beim Rückweg vielleicht durch die Decke auf den Gipfel. Von dort wird dann das grüne Glimmen eines Schreins in der Ferne sichtbar.


Okay, nur mal kurz dorthin, denn sie schalten die Schnellreisepunkte frei und liefern im Viererpack die wichtige Beute für mehr Herzen oder Ausdauer. Aber dahinter erkennt man den Turm, der Link einen Kilometer in die Höhe schießt und das Land von oben zeigt. Also erstmal rein da, denn so wird ja auch die Gebietskarte sichtbar. Kaum betrachtet man die vergilbte Seite, erkennt man zwischen gezeichneten Bergen und Tälern seltsam angeordnete Seen, die gar nicht so weit weg sind. Auf dem Weg dorthin trifft man einen Maler, der wie verrückt eine seltsam geformte Himmelsinsel zeichnet. Schaut man sich um, stürzt ein Meteorit ab, auf dem man per Rückspulfunktion hinauf kommt. Aber warum soll man da hin, wenn man von da oben plötzlich eine per Schienen vernetzte Inselgruppe sieht, auf der sich bestimmt Schätze der Sonau bergen lassen? Tja, dieses Spiel erzeugt einen tosenden Wirbel an Möglichkeiten.





Und an dieser Stelle habe ich noch gar nicht versucht zu erzählen, in wie viele Löcher man fallen kann. Oder dass man auf Wanderer, kleine Scharmützel und Ereignisse am Rande trifft, dass überall Hilfe benötigt wird. Es werden sogar kleine Schlachten ausgetragen oder Konzerte für Feen gespielt, die sich wie göttliche Diven aus ihren Blüten schälen. Nur sie können langfristig Links Rüstungen stärken. Zwar entsteht nicht die authentische Lebendigkeit auf Wegen oder in Dörfern, die man u.a. aus einem The Witcher 3 kennt, aber man kann mehr Leben und Veränderung, Bedrohliches und Komisches beobachten als im Vorgänger.


Dazu gehört auch der spezielle Humor. Denn kaum will so etwas wie heroisches Pathos aufkommen, wenn man einen Boss besiegt oder eine Schlacht geschlagen hat, trifft man den zitternden Typen, der im Tiefschnee ein Straßenschild stützt, weil er Angst hat, es könne umfallen. Das macht er nicht einmal, sondern überall in der Welt. Sein Boss heißt übrigens Dumsda und hat eine Baufirma. Dieser Humor, in dem eine ernste Stimmung auf lustige Art gebrochen wird, ist typisch für japanische Abenteuer. Das kennt man auch aus Elden Ring, wenn man plötzlich mit riesigen Kesseln spricht. Aber Zelda ist traditionell noch kindlicher und lustiger, streut viel mehr skurrile Figuren und Charaktere ein.

Rätsel von leicht bis komplex


Was mir ebenfalls besser gefallen hat, sind die Rätsel, die sehr gut auf die Fähigkeiten der Ultrahand abgestimmt sind und die derart von den neuen Baufunktionen profitieren, dass es viele alternative Lösungen gibt. Egal ob man nur dabei hilft, ein Straßenschild zu stützen, ein Dach zu flicken oder eine Brücke zu bauen, oder ob man mal wieder jammernden Krogs dabei hilft, zu ihren Freunden zu gelangen. Dann sieht man irgendwo ein Rauchzeichen, so dass man Flöße oder Ballons konstruieren muss, um sie dorthin zu transportieren. Wofür entscheidet man sich? Diese Freiheit erlebt man auch in den Dungeons, von denen es vielfältigere Arten gibt.

In den eher kleinen Schreinen werden neben einfacher Akrobatik oder Kampfmanövern mal klar strukturierte, aber ebenfalls offene Aufgaben gestellt, in denen man mit Wasser und Lava, Luft und Auftrieb umgehen muss. Meist geht es hier trotz optionaler Truhe recht linear voran. In den Tempeln wird es auf dem Weg zum Boss labyrinthischer mit mehreren Etagen; da hilft auch die sofort verfügbare 2D-Karte, das Ziel zu finden. Meist geht es um ein zentrales Rätsel und eine exklusive Fähigkeit, so dass zumindest entfernt Erinnerungen an die klassischen Zelda-Dungeons wach werden.



Und es gibt nicht nur dort tolle Aufgaben, die man nur meistern kann, wenn man das Bauen, die Physik oder Elemente sowie die Zeitmanipulation und die Fähigkeiten der Begleiter wie Windstöße clever kombiniert. Dann klebt man einen Hebel an ein Zahnrad, packt und dreht dieses, so dass sich ein Tor für einen Augenblick öffnet, spult das Ganze zurück und geht von der richtigen Position aus hindurch.


Aber man lacht auch über sich selbst, wenn man mal wieder das Offensichtliche nicht erkennt oder einfach zu verkopft bastelt: In einer der vielen Höhlen, die von kleinen Räumen bis hin zu verzweigten Tunnelsystemen reichen, war eine Schatzkiste weit oben zu sehen, aber es gab keinen Aufwind. Ich hab ein Lagerfeuer entfacht, Tannenzapfen reingeworfen, aber ich kam nicht heran. Also hab ich eine Plattform gebaut und von dort das Lagerfeuer entfacht. Ich wollte schon eine weitere Etage errichten, als mir einfiel, dass man sich ja einfach mal durch die Decke beamen könnte. Tja…



Es wird nicht ganz so knifflig wie in einem Portal, vieles an kleinen Rätseln ist offensichtlich, aber es gibt sehr unterhaltsame Knobelei von simpel bis komplex, deren Alleinstellungsmerkmal die kreative Freiheit ist. Hier ist dieses Zelda im besten Sinne verspielt. Das gilt auch für die Kämpfe, die noch etwas taktischer und vielseitiger ablaufen. Man kann sehr viele davon umgehen, kann sich in Festungen schleichen, wenn Monster schlafen, um nur die Schätze zu plündern. Dass man beim geduckten Schleichen die Lautstärke seiner Schritte erkennt und sie per Trank weiter dämpfen kann, wird auch in einigen Quests helfen. Und dass dieses Zelda nicht so kampffokussiert ist wie andere Action-Rollenspiele, gehört eher zu den Stärken. Aber manchmal wird man eben erwischt.


Kampf mit neuen Taktiken

Obwohl Link gegen Monster kämpft, mit Ausweichsalto und Konter, wuchtig mit beidhändigen Rundumschlägen oder geduckt aus dem Hinterhalt, sind seine Gefechte nicht blutig und brachial, sondern immer noch so verspielt und taktisch wie in Ocarina of Time. Nur dass man seit Breath of the Wild so viel mehr Möglichkeiten hat, als fixierten Feinden auszuweichen und zuzuschlagen. Und die werden nochmal erweitert, zumal es deutlich mehr Feindtypen gibt, die sich auf neue Art verhalten.

Man kann natürlich konventionell kämpfen, aber man kann Feinde nicht nur per Kopfschuss empfindlich treffen, sie vereisen oder in Brand setzen, sondern seinen Schild in eine feurige Schusswaffe oder per montiertem Pilz in eine Nebelfalle verwandeln: Bei einem Treffer ist der Feind irritiert, man umgeht ihn und schlägt von hinten zu.

Man kann die Ultrahand nutzen, um per Zeitumkehr selbst große Geschosse von Riesen auf sie zurückzuwerfen oder man kann Roboter-Konstrukten per Zielfixierung einzelne Gelenke ausrenken. Ihr modulares Gegnerdesign besteht oft aus mehreren Trefferzonen, die man anvisieren und attackieren oder manipulieren kann.



Wer die Schwachpunkte erkennt, kann Kämpfe sehr schnell beenden. Was nicht heißen soll, dass sie besonders leicht wären. Link kann mit einem Schlag aus den Sandalen fliegen, wenn er nicht auf die Gegner achtet, denn drei Herzen sind nicht viel. Selbst gegen die tollpatschigen Bokblins braucht er Cleverness, vor allem wenn sie im Trupp mit ihren Anführern aufmarschieren, die in ihren Lagern Alarm schlagen und auf lustige Art sogar Formationen einnehmen.


Aber sie sind noch gar nichts gegen die Kreaturen, die zwischen waberndem Miasma in den Untiefen oder in den megalithischen Irrlabyrinthen lauern. Plötzlich wird man von blutroten Riesenhänden gepackt und verschlungen. Dieses Zelda zeigt dort seine dunkle Seite, die einen mit gefletschten Zähnen verschlingen und sogar Erinnerungen an Elden Ring wecken kann, wenn man es mit Riesenskeletten, Steinkolossen oder mehrköpfigen Drachen zu tun hat.


Genauso wie dort gehören die kleinen, mittleren und großen Bosse zu den Highlights. Auch wenn sie mich rein visuell als Kreaturen nicht immer beeindrucken konnten, freut man sich über ihre Vielfalt: Jedes der großen Gebiete und jeder Tempel lockt mit einem großen Finale, so dass man auf etwa ein Dutzend dieser besonderen Herausforderer trifft. Link braucht meist eine spezielle Vorgehensweise und Geduld, denn wie üblich zeigen sie in mehreren Phasen ein anderes Verhalten. Wenn man der Hauptgeschichte folgt, beginnen die Duelle noch recht einfach, weil sie klare Schwachpunkte zeigen und den Einsatz einer Waffe oder Taktik erfordern, die man auf dem Weg meist schon benötigte, wie etwa den Bogenschuss aus der Luft in Zeitlupe.



Aber je weiter man voranschreitet, desto mehr zeigt sich auch in ihnen die Verflechtung der Elemente Eis, Feuer und Blitz sowie die physikalische Kraft der mutierten Sonau-Technik, wenn gigantische Konstruktionen auf einen zu walzen. Man ist nicht nur selbst in einer Art Dogfight wie ein Kampfpilot unterwegs, sondern wird von diversen Fahrzeugen attackiert, die ganz unterschiedlich kämpfen. Diese finalen Duelle haben mich nicht immer begeistert, aber sie waren sehr spannend, kreativ und teilweise überraschend anspruchsvoll. Trotzdem wird der Schwanengesang auf dem Weg ins Finale immer eindringlicher. Denn hier verabschieden sich nicht nur Bosse, sondern letztlich auch eine Hardware.

Auf den Boden


In manchen Augenblicken sieht dieses Zelda vor allem hoch oben zwischen den Wolken majestätisch aus, was angesichts der Technik in dieser mobilen Konsole verblüffend ist. Die Höhenperspektiven sind klasse, das Nebulöse und Wabernde wirkt toll. Aus dieser Perspektive muss man das Team beglückwünschen, denn sie haben in all den Jahren wirklich alles aus den Chips rausgeholt. Doch die verwendete Technik interessiert letztlich nicht, wenn es um die langfristige Wirkung von Atmosphäre geht. Ihre Meisterin ist immer in erster Linie das Artdesign, sie ist je nach Stil nicht zwingend auf die Power einer Engine angewiesen. Aber je eindringlicher sie Natur und Landschaft darstellen will, desto mehr braucht sie ihre Kraft.


Wenn man in diesem Zelda einen Gipfel erklimmt und in die Ferne schaut, verblassen manchmal die Konturen, werden Ecken und Kanten zwischen See und Wald, Bäumen und Blättern zu früh sichtbar und der Zauber verfliegt. Und wenn man nach den ersten Wow-Effekten in einigen Schluchten sowie der Tiefe unterwegs ist, bleibt es zwar angenehm weitläufig, aber teilweise auch so fade und leer. Es ist natürlich unfair, diese fast schon übertaktete Spiel mit der Landschaft eines Horizon Forbidden West oder Ghost of Tsushima zu vergleichen. Nur hat man als Spieler automatisch andere Erlebnisse vor Augen. Man weiß um die Kraft von Art- und Sounddesign sowie Technik, die im Verbund für eine Anziehungskraft sorgen können, so dass man sich vor Ort fühlt und verblüfft die Kamera dreht.



Es gibt auch hier Momente, die mich dazu animiert haben, vor allem in der Höhe zwischen den Wolkenruinen. Ähnlich wie in Elden Ring hat mir die Architektur der Schrägen sehr gefallen, mit all ihren schiefen Trümmern in zersplitterter Landschaft. Und manchmal, wenn die Sonne untergeht und alles in Gold taucht, sieht Hyrule toll aus. Angesichts all der physikalischen Möglichkeiten muss ich zudem lobend erwähnen, dass mir tatsächlich keine Bugs begegnet sind; die Qualitätssicherung von Nintendo gehört zu den weltweit besten. Aber es ist einfach schade, dass sich diese deutlichen Brüche in der Qualität zeigen, weil die Hardware nicht mit der künstlerischen Vision mithalten kann. In dieser Kritik steckt also eher die Sehnsucht, dass man diese Welt noch markanter gestalten könnte. Falls Nintendo im Frühling 2024 die neue Konsole einführt, gäbe es jedenfalls gute Gründe für ein bald folgendes Remaster dieses großartigen Spiels.


FAZIT


The Legend of Zelda ist ein wunderbares Abenteuer. Und ein beeindruckender Schwanengesang für die Switch. Auf dem langen Weg ins Finale, der mit 50 Stunden eher sportlich als gemütlich geschätzt ist, kann man sich in einer meisterhaft vernetzten Welt zwischen Erkundung, Kampf und Interaktion verlieren. Das Abenteuer verblüfft in drei Dimensionen mit seiner spielerischen Vielfalt: am Himmel, auf der Erde und tief darunter. Nach dem märchenhaften Einstieg wird man von einer klasse Regie sanft geführt, von Wolkeninseln in tiefe Dungeons, von der Rätselruhe in dramatische Kämpfe. Allerdings weicht das Zauberhafte irgendwann dem Funktionalen, denn aus Link ist ein kämpfender daVinci geworden: Er beamt sich durch Decken, spult die Zeit zurück und baut vom Segelschiff bis hin zum Flugzeug nahezu alles. Mit der Macht der Konstruktion katapultiert Nintendo die Reihe in interaktive Baukastensphären, die sowohl das Spielerische als auch das Rätseln bereichern, aber das Abenteuer gewöhnlicher wirken lassen. Und trotz der frischen Impulse ist das Gefühl des Bekannten natürlich stark, denn Breath of the Wild lässt immer wieder grüßen. Hinsichtlich der Bosse als auch Dungeons übertrifft man den Vorgänger und in den Tiefen entsteht fast ein Wow-Gefühl wie in Elden Ring. Und angesichts der Hardware ist das, was zwischen Himmel und Erde inszeniert wird, eine verblüffende Leistung. Wenn man dann noch die Fülle an physikalischen Möglichkeiten bedenkt, ist die Qualitätssicherung fast unglaublich. Aber neben der schwachen Technik, die der künstlerischen Vision so offensichtlich im Weg steht, dass manch magische Momente verblassen, dämpfen sowohl der Verschleiß an Waffen als auch die extreme Ansammlung von Gegenständen meinen Spielspaß. Man fühlt sich etwas zu oft wie ein Extremsammler statt Schatzjäger. Laut Eiji Aonuma bleibt man ja der offenen Welt treu. Das ist eine gute Nachricht, denn so hat Nintendo genug Zeit, die Potenziale auf der nächsten Konsole weiter auszuschöpfen, ohne sich in grenzenloser Vielfalt zu verlieren. Zwar überwiegen die Stärken dieses wunderbaren Abenteuers, ich wurde sehr gut unterhalten, aber ich bin nicht restlos begeistert.


(Bilder: The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom, Switch, eigene Aufnahmen)


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