Als erst das Logo von Bandai Namco und kurz darauf jenes von FromSoftware bei den Game Awards 2022 erschien, kam sofort Jubel auf. Und man konnte förmlich spüren, dass die Fans in Los Angeles mindestens auf eine Erweiterung zu Elden Ring, wenn nicht sogar auf mehr hofften.
Schließlich hatte Hidetaka Miyazaki erwähnt, dass sein Studio an mehreren Projekten arbeitet, wobei er als Director eines davon hauptverantwortlich konzipiert. Darin soll es um eine "abstraktere Fantasy" als in bisherigen Soulsabenteuern gehen. Aber diese dürfte noch in weiter Ferne liegen...
Dann wurde, wie von der Presse erwartet, Armored Core VI: Fires of Rubicon gezeigt.
Masaru Yamamura (Sekiro: Shadows Die Twice) ist Director, Miyazaki steuerte das Weltkonzept bei. Und der stimmungsvolle Trailer zeigte seine Handschrift: Ein Stahlkoloss mit Rucksack zwischen monumentalen Trümmern, die mit ihren Schrägen einige Erinnerungen wecken; dazu das Motiv des Feuers als glimmende Hoffnung in düsterer Endzeit:
Feed the Fire.
Let the last cinders burn.
Es war also nicht überraschend und natürlich von FromSoftware gewollt, dass Begriffe wie "Armored Souls" kursierten und sich Leute fragten, ob das Spieldesign sogar daran anknüpfen würde. Die Fragen der Presse in diese Richtung waren zu erwarten und man erläuterte, dass da kein Souls mit Fokus auf Erkundung, sondern Mech-Action mit Fokus auf Kampf inszeniert wird. Das einzige gemeinsame Merkmal seien anspruchsvolle Bossgefechte als Highlights. Also zieht euch schonmal warm an, denn Yamamura hat ja einige Alpträume in den Sekiro-Arenen wahr werden lassen.
Trotzdem ist die gefühlte ästhetische Nähe zur extrem erfolgreichen Soulsreihe natürlich hilfreich. Sie kann helfen, die seit einem Jahrzehnt schlummernden Stahlkolosse bei ihrem Reboot so wachzuküssen, dass auch neue Spieler aufmerksam werden. Denn das Basteln am eigenen Kampfroboter, der alles um sich herum vernichtet, ist im Vergleich zur großen Welt der Action-Rollenspiele eher eine kleine Nische für Freaks, vor allem in Japan.
Der Applaus für den Trailer war durchaus da, aber die Begeisterung im Publikum hielt sich in Grenzen. Nicht nur weil es keine Spielszenen und letztlich nichts Aufregendes zu sehen gab, sondern weil natürlich kaum jemand etwas mit Armored Core anfangen kann. Im Westen erreichte die Reihe mit ihren fünf Hauptspielen und zig kleinen Ablegern nie große Popularität. Das lag übrigens gar nicht so sehr am Thema. Aber Armored Core erschien relativ spät, erst seit 1997 und zunächst nur auf PlayStation.
Da war in Amerika und Europa schon über ein Jahrzehnt das Pen&Paper-Universum von BattleTech etabliert, das Anfang der 80er von seinen Hexfeldern aus die Wohnzimmer eroberte. Das Regelwerk war genial und endlich hatten auch Science-Fiction-Fans ihr taktisches Tabletop-Eldorado. Bald stampften bereits digitale Kampfroboter über die Bildschirme; erstmals actionreich in 3D in MechWarrior (1989), zuletzt in MechWarrior 5: Mercenaries (2019). Aber das war kein fruchtbarer Boden für Armored Core.
Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick auf die Mechs aus Japan, denn sie sind neben der Soulsreihe der wichtige zweite Traditionskern des Studios, in dem einiges an Innovation und Geschichte steckt. Über viele Jahre hat nämlich kein Geringerer als Shōji Kawamori, heute ein bekannter Anime-Produzent, die Kampfroboter für die Videospiele designt. Ihm verdankt FromSoftware sowohl den Namen "Armored Core" als auch die Funktion der Verwandlung von Roboter in Jet oder Fahrzeug. Selbst Optimus Prime und die berühmten Transformers beruhen auf den Ideen des Mangazeichners.
Der heute 62-Jährige entwarf 1980 mit Diaclone die ersten wandelbaren Spielzeugroboter und erschuf mit der VF-1 Valkyrie 1982 den ersten transformierenden Mechjet der Mangageschichte, der heute als archetypische Ikone der Space Opera Macross gilt. Sie gehört neben Gundam und Star Blazers zu den Säulen der japanischen Mech-Tradition, die bis in die 70er Jahre zurückgeht. In Amerika wurde sie als Robotech bekannt und vor allem mit den aus Diaclone entwickelten Transfomers wurden die Kampfroboter dann auch im Westen so richtig berühmt.
Kawamori san empfahl FromSoftware jedenfalls für das erste Armored Core, dass man den Spielern nicht die totale Freiheit bei der Gestaltung der Mechs geben sollte, sondern lediglich hinsichtlich der Waffensysteme bzw. Module wie Arme oder Beine; also nicht hinsichtlich des Kerns, so dass der Charakter des Roboters bei aller Individualisierung erkennbar bleiben würde. Und genau dieses geführte, aber dennoch freie Basteln wurde auf der PlayStation 1997 so richtig gefeiert.
Denn was heute aufgrund komplexer Charaktereditoren normal (und manchmal nervig) ist, war damals auf der Konsole noch ein frischer Impuls: Das Spielzeugflair der freien Gestaltung wurde digitalisiert. Armored Core bekam solide bis sehr gute Kritiken, manche sahen sogar kompetente Konkurrenz für das im Westen etablierte MechWarrior. Aber während man das Artdesign, die Waffenvielfalt und die Modularität lobte, wurden die seichte Story sowie das monotone Spielprinzip kritisiert.
Armored Core wurde auch nie eine Reihe für Awards und Begeisterung, rangierte im Schnitt meist zwischen 6 oder 7 von 10 Punkten und war eher etwas für genügsame Freaks, die das gewisse Etwas suchen. Und was die Presse darüber erzählte, interessierte niemanden, schon gar nicht die Verkaufscharts. In Amerika, wo die aus Japan stammenden Transformers für richtig Umsatz sorgten, waren die Verkäufe von Armored Core sogar so schlecht, dass manche gar nicht erst gelistet wurden.
Lediglich in Japan hatte man eine starke Basis, erreichte sechsstellige Verkaufszahlen, manchmal eine Viertelmillion. Als es dem Studio Ende der 90er nicht so gut ging, sorgte dieser finanzielle Erfolg dafür, dass man sich stabilisieren und weiter wachsen konnte. Zwar debütierte man 1994 mit einem Rollenspiel namens King's Field, in dem eigentlich der wichtigste Traditionskern des Studios verborgen lag, außerdem hatte man mit Evergrace weitere Fantasy und mit Echo Night sogar ruhigen Gruselhorror im Programm.
Aber weil man mit der Fantasy und Helden nicht wirklich erfolgreich war, widmete man sich zunächst der Science-Fiction und den lukrativen Kampfrobotern. Niemand außerhalb der Presse oder der Entwicklerszene kannte FromSoftware, aber sie erwarben sich mit ihren Mechs international Reputation. So konnte man auch abseits von Armored Core, das bis 2012 beständig für PS2 und PS3 weiter entwickelt wurde, Aufträge annehmen und weitere Mechs fast wie Söldner marschieren lassen.
Da wäre z.B. Frame Gride (1999) auf Dreamcast, das richtig gute Online-Funktionen hatte, danach Metal Wolf Chaos (2004) oder Chromehounds (2006) für Xbox-Konsolen. Allerdings bedienten sie auch dort immer nur eine Nische, in der kaum jemand zockte. Erste Wertungserfolge und weltweite Aufmerksamkeit abseits der Mechs brachte das in dieser Phase im Auftrag von Sega für Xbox konzipierte dämonische Hack'n Slay Otogi (2002), in dem nach King's Field weiteres von dem erkennbar wurde, was später in Demon's Souls (2009) zu voller Blüte reifen sollte.
Aber während diese Aufträge immer wieder Geld in die Kasse spülten, sanken die Verkaufszahlen der eigenen Mech-Reihe auch in Japan bis zum Tiefpunkt von Armored Core 4 (2006) für PS3, das bei knapp über 80.000 blieb. Auch die ein Jahr später veröffentliche Xbox-Version mit der Premiere des Online-Multiplayer außerhalb Japans war kein Erfolg. Der verantwortliche Director: ein gewisser Hidetaka Miyazaki, der erst seit 2004 im Team war, ein eingefleischter Fantasyfan, der seine ersten Kampfroboter-Erfahrungen sammelte und danach erstmal kein Armored Core mehr anfasste.
From Software hatte allerdings auch reichlich mit anderer Mech-Action zu tun, denn sie entwickelten seit 2005 nahezu jedes Jahr eine Another Century's Episode für Banpresto, hinzu kamen erste Spiele für Nintendos DS. Es hätte also auch sein können, dass Armored Core nach dem Debakel gar nicht zurückkehrt - weil es überflüssig ist. Und in dieser Phase wurde ein dunkles Spiel von Miyazaki san konzipiert, das eher seiner Leidenschaft für Dungeons und King's Field entsprach, und das als Geheimtipp für Fantasyfans den höchsten Wertungsschnitt des Studios einheimsen sollte: Demon's Souls (2009).
Der Rest ist ebenso bekannte Geschichte wie alles nach Hastings. Aber ein Jahr nachdem Dark Souls (2011) so richtig die Kassen klingeln ließ, nachdem FromSoftware als Studio und Miyazaki als Spieldesigner plötzlich prominent war, kehrte auch Armored Core V (2012) auf der PS3 zurück. Und mit der weltweiten Popularität stiegen auch die Verkaufszahlen für die alte Mech-Reihe. Zumindest in Japan wurde es in der ersten Woche mit 164.000 Stück fünfmal so gut verkauft wie Teil 4.
Das waren allerdings damals schon Peanuts im Vergleich zur Soulsreihe, die zur Trilogie ausgebaut und von Bloodborne bis Sekiro weiter interpretiert wurde. Die Verkäufe zogen weltweit an, dazu gab es nicht nur Höchstwertungen, sondern auch vielfache Auszeichnungen zum Game of the Year. Spätestens mit Elden Ring ist eine Triple-A-Franchise entstanden, die selbst Call of Duty & Co überflügelt. Also ist es nicht verwunderlich, dass die Kampfroboter fast ein Jahrzehnt eingemottet schliefen. Aber es ist schön, dass FromSoftware sie nicht vergessen hat. Und wer weiß: Vielleicht ist die ästhetische Nähe zur Soulsreihe nicht nur eine clevere Maßnahme, sondern auch eine Art der Wiedergutmachung von Hidetaka Miyazaki, der ja viele Jahre die Finger von den Stahlkolossen ließ.
Ich freue mich jedenfalls auf die apokalyptische Maschinenwelt, die Kampfroboter sehen im Trailer klasse aus. Aber der Neugier fehlt natürlich noch die Substanz, zumal keine Reboots der Reihe bisher wirklich abliefern konnten. Ganz wichtig wird daher die spielmechanische Arbeit von Director Masaru Yamamura, der viele bekannte Defizite beheben und gleichzeitig dem Druck standhalten muss. Denn dieses Armored Core VI, dieser zweite Traditionskern des Studios, müsste endlich mal qualitativ von der Erfahrung dieser begnadeten Spieldesigner profitieren. Und 2023 werden auch sehr viele neue Spieler ihre stählernen Rucksäcke packen, um zu erfahren, ob FromSoftware vielleicht ein Feuer der anderen Art entfachen kann.
(Bilder: Armored Core VI, Bandai Namco, offizielles Pressematerial)
Das wird mein Spiel 2023! Dank meiner Leidenschaft zu Miyazakis Werken bin ich für alles aus dem Hause From Software empfänglich und freue mich direkt auf ACVI. Daraufhin habe ich auch gleich AC For Answer gekauft und bereits mehrfach durchgespielt. Bedauere, dass ich die Reihe damals übersah.
Sehr Geil! 🖤
Der Trailer sieht super aus, ist jedoch auch das einzige, was mir an diesem Spiel bisher gefällt. Bin kein grosser Mech-Fan und als nicht sehr kreativer Mensch - zumindest gestalterisch - schrecken mich Bastelmöglichkeiten an Mechs und ähnlichem eher ab.
Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass für Fans des Genres endlich wieder mal gutes Futter kommt und für diese freue ich mich sehr.
Bin jetzt nicht so der Mech-Fan, aber den Trailer fand ich richtig stimmungsvoll. Terminator ende der Welt irgendwie sowas. Das hatte was. From Software hat so viel Erfahrung sammeln können, also die könnten es schaffen das mir das Spiel gefällt, sofern sie es weniger soulsig/mysteriös inszenieren und mehr Hollywood Story erzählen.
Anspruchsvolle Bossfights als Gemeinsamkeit zu Souls tönt schon mal gut.