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Game Studies: Die Frage des Genres

Was denken Historiker, Soziologen, Philosophen und Kulturwissenschaftler über Spiele? Über was wird in den Game Studies diskutiert? Ich habe die Reihe mit "Folk horror, Videospiel und das Problem der Natur" von Daniel Illger begonnen, in dem er sich u.a. mit Red Dead Redemption 2 beschäftigte; mehr dazu im Podcast. Danach folgte "Wie es wirklich war" von Eugen Pfister, in dem es um die Frage nach historischer Authentizität ging. Und Antonia Imbeck spürte in "A Hero’s best friend?" mittelalterliche Vorläufer der Sidekicks auf.


Hurra, damit sind genug Beiträge für eine eigene Kategorie "Game Studies" unter Berichte vorhanden. Nur kurz: Ich stelle einzelne Aufsätze vor, die mich interessieren, aber bespreche sie nicht. Ich möchte lediglich neugierig auf akademische Perspektiven machen.


Diesmal geht es nicht um historische Perspektiven, sondern um Genre und scheinbar einfache Fragen: Was ist ein Shooter? Natürlich Doom! Was ist ein Rollenspiel? Baldur's Gate! Was ist Action-Adventure? Tomb Raider! Aber was in den ersten Jahren meiner Arbeit als Redakteur noch wie aus der Pistole geschossen beantwortet werden konnte, wurde im Verlauf der 20 Jahre tatsächlich immer kniffliger, weil sich vieles vermischte. Und es gab nicht erst seit Diablo (natürlich Kloppmist!) so einige Debatten, in welche Schublade ein Spiel gehört.


Was ein Genre überhaupt ist, warum es als Kategorie hilfreich ist, wie es sich bis zum Wortmonster MMORPG entwickelt hat und weshalb klare Definitionen mit der Zeit schwieriger wurden, erläutert Benjamin Beil,  Professor für Medienwissenschaft mit Schwerpunkt Digitalkultur an der Uni Köln, in seinem Aufsatz "Game Studies und Genretheorie". Leider habe ich zur Verlinkung nur eine fragmentarische Leseprobe bei Google Books gefunden, die den Theorieteil ab Seite 29 sowie die Abschnitte über Borderlands überspringt.


Aber ab Seite 47 gibt es konkrete Bespiele einer "Genrekombination" wie Spore sowie einer "Genreakkumulation" wie GTA V, in dem Shooter, Rennspiel, Sportspiel und einiges andere zusammen kommt. Welche Formen hybrider Spiele gibt es und sind unterschiedliche Mechaniken in einem Spiel eher als Minispiele getrennt oder beeinflussen sie sich und das gesamte Erlebnis? Ist ihre Gewichtung relevant für die Kategorie?


Entwickler, Spieler und Kritiker passen ihre Genrebegriffe ja ständig an oder fügen neue hinzu, um Trends wie Metroidvanias einzufangen. Das jüngste Beispiel sind vielleicht so genannte Cozy Games. Beil verweist auf andere "strategische" Aspekte der Genreanalyse: Sie kann z.B. dabei helfen, die Geschichte sowie den Lebenszyklus einer Spielart wie etwa jene des First-Person-Shooters nachzuzeichnen; selbst innerhalb von einzelnen Spielen kann man mitunter die Evolution oder Rückkehr von Design-Ideen erkennen. Sehr schön ist der Schluss des Aufsatzes, dass eine Generanalyse auch zum Scheitern führen kann: "Eine Genreanalyse kann zeigen, dass sich bestimmte zeitgenössische Spiele mithilfe etablierter Genrekategorien des Computerspiels nicht mehr hinreichend beschreiben lassen - was man Fortschritt nennen könnte, wenn man wollte."


Der Aufsatz Game Studies und Genretheorie ist 2015 im Sammelband Game Studies. Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung im Herbert von Halem Verlag erschienen.


Vielen Dank an alle Steady-Unterstützer, die dieses kleine Spiele-Magazin mit ihrem Abo möglich machen. Es würde mich freuen, wenn ihr auch an Bord kommt!

9 Comments


Sven
Sven
Apr 09

Wozu braucht man Genres? Um zwischen Spielern effizienter zu kommunizieren und als Publisher eine Zielgruppe anzusprechen (bzw. genauer ein Käufersegment zu aktivieren). Sonst noch?

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Ok, kann man so sehen, aber diese Ansicht teile ich nicht.

Finde auch nicht, dass Gamedesigner insgesamt aus diesem Grund, also den Genreverschiebungen und -vermischungen, kreativer geworden sind. Eigentlich sogar im Gegenteil.

In der jüngeren Vergangenheit haben sich die Spiele (ob nun zufällig oder deswegen) immer mehr zu einem Einheitsbrei entwickelt. Wollen alles ein bißchen sein, machen aber oft nichts mehr richtig.

Ich persönlich hätte sogar lieber wieder mehr Abgrenzung, statt noch mehr Vermischung, was das Thema hier angeht.

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Farcimen
Farcimen
Apr 09

Ich finde auch eine Segmentierung in "gameplaylastig" und "storylastig" häufig sehr sinnvoll. Meist stell ich mir eher die Frage, ob ich gerade Lust auf Gameplayfokus habe und denke dabei noch gar nicht konkret an ein Genre oder eine IP. Hilft häufig eine gute Wahl für das nächste Spiel zu treffen :D

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Qugart
Qugart
Apr 09

Spätestens als man bei der PS5 dann eigene Sammlungen anlegen konnte kam bei mir das Problem wieder hoch. Adventure und Rollenspiele sind Genres, die sich schon sehr gern vermischen. Und je nachdem, welcher Aspekt eines Spiels hervorgehoben wird, rückt es oft einmal in dieses und einmal in ein anderes Genre.

Ich habs vor allem im Action-Rollenspiel-Bereich (ARPG) aufgegeben und nenn die dann Tomb Raider-artig oder so.

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VfBFan
VfBFan
Apr 10
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Ja, der Großteil der angeblichen Rollenspiele sind in Wahrheit doch alles "nur" Action-Adventures.

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