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AutorenbildJörg Luibl

Gedanken zur State of Samurai

Es war sehr schön, Nicolas Doucet zu Beginn dieser State of Play zu sehen - das deutet auf einen laufenden Arbeitsvertrag. Und ich meine in seinem Gesicht sowohl die Anspannung der letzten Jahre als auch die Erleichterung erkannt zu haben, mit Astro Bot gegen viele Widerstände etwas Kreatives erschaffen zu haben. Vielleicht sogar etwas darüber hinaus, und zwar einen Impuls, der das Management nicht nur zum Nachrechnen, sondern hoffentlich zum Nachdenken animiert.



Denn Team Asobi hat aus meiner Sicht etwas über Verkaufszahlen und reine Spielfreude hinaus abgeliefert: Unbeschwertheit und Perspektive. Und beides kann Sony gut gebrauchen. Das klingt vielleicht pathetisch, außerdem feiert sich die Marke darin ja quasi selbst. Aber im Abenteuer der kleinen Roboter steckt mehr als ein ausgezeichnetes Jump'n Run - gerade weil sie darin so tapfer um die von Monstern bedrohte PlayStation kämpfen, gerade weil ein kleines Studio demonstriert, dass es Großes leisten kann.


Man darf nicht vergessen: Das Team um Nicolas Doucet ist in den schwierigen Zeiten fast untergegangen. Ihr Spiel lag der PlayStation 5 gratis bei, sie wurden eher belächelt und waren nicht Teil des großen Plans. Sie symbolisierten nach der Verschmelzung mit dem Japan Studio im Jahr 2021 eher so etwas wie den letzten Zweig der alten Tradition. Die schrieb am 3. Dezember 1994 von Tokyo aus ihre ungewöhnliche Erfolgsgeschichte im Windschatten Nintendos, aber seit 2016 liegt das Hauptquartier bekanntlich in San Mateo, Kalifornien.


Und es ist stürmischer geworden in der Spielewelt, gerade für ein Studio, das zwischen Naughty Dog, Guerilla Games & Co so etwas Anachronistisches wie einen 3D-Plattformer designt. Außerdem ist es insofern kälter, als dass es keinen Video Game Crash wie anno 1983 oder zumindest eine Rezession innerhalb der Branche für all die Entlassungen brauchte. Selbst das Überfressen und Auskotzen à la Embracer ist nicht nötig, um kreative Leute von heute auf morgen auf die Straße zu schicken, denn es reicht die Aussicht auf weniger Gewinne plus drastisch reduzierte Personalkosten durch KI.


Natürlich werden Maschinen, Gier und Dummheit auf Konzernebene nicht als direkte Ursachen kommuniziert - man nennt das Zukunftssicherheit, Kosteneffizienz, Portfoliobereinigung und so weiter. Unter diesen vorgeschobenen Business-Phrasen samt der Heuchelei von Schmerz wird auch in Zukunft weltweit Angestellten gekündigt. Selbst gute Arbeit schützt bekanntlich nicht: Ein Creative Director wie Dinga Bakaba von den Arkane Studios hatte derart Angst um seinen Job, dass er öffentlich an die Verantwortung von Microsoft appellierte.


Nicolas Doucet hat also noch einen Arbeitsvertrag. Aber der war genauso unsicher wie fast jeder Job in dieser Branche. Auch Sony geriet spätestens in diesem Jahr so richtig ins Wanken, sowohl intern als auch in der Außenwirkung. Das lag nicht nur an fehlenden exklusiven Highlights: Zum einen beteiligte man sich an den unsäglichen Studioschließungen - und zwar auf beschämende Art, als Jim Ryan, eben noch mit Mitarbeitern des kurz darauf rasierten London Studios über Social Media lächelnd, selbige und dann den Konzern in Richtung seiner Rente winkend verließ.


Dem hatte er noch die radioaktive Vision von zwölf Live Service Games für PC und PS5 bis Anfang 2026 hinterlassen. Die Halbwertszeit war bemerkenswert: Erst schrumpfte sie auf sechs Spiele, dann wurde das Zugpferd, der Multiplayer von The Last of Us, eingestellt - und es knirschte nicht nur hinter den Kulissen mit Naughty Dog. Kürzlich hat man sich dann mit Concord so richtig blamiert, über Jahre Millionen in den Sand gesetzt und ein fertiges Spiel kurz nach Release eingestellt. Wer weiß, ob es 2028 als Remaster für Solisten auf der PS6 zurückkehrt?


Apropos Fehlentscheidungen: Die neue Führungsspitze um Hermen Hulst und Hideaki Nishino hat immer noch Ryans Versprechen im Nacken, dass sich der Kauf von Bungie für Sony als wertvoller erweisen wird als jener von Activision Blizzard für Microsoft. Vielleicht hätte man sich vor dem peinlichen spielepolitischen Gerangel mit Redmond mal genauer mit den Zahlen der Destiny-Macher beschäftigen sollen, die ja kurz nach der Akquise ebenfalls hunderte Leute entlassen mussten. Wohin führt sie also, die Reise der PlayStation und ihrer Studios?


All die großen Pläne, all die Milliarden, all die Superlative, all das Wachstum - selbst wenn man als Großkonzern in diesem Wettbewerb nicht aus der expansiven Nummer rauskommt, selbst wenn es wirtschaftliche Zwänge und quasi die Pflicht zu Wachstum gibt, über neue Marken und Erlösquellen, könnte es sich lohnen, sich mal öfter auf die eigenen Wurzeln zu besinnen, auf das Kleine und Kreative. Team Asobi hat Sony nicht nur ein Spiel des Jahres, sondern eine alternative Idee samt charmanter Maskottchen geschenkt, die sie hoffentlich wie ein Banner über die Flure in San Mateo tragen.


Natürlich wird man mit putzigen Robotern oder Jump'n Runs in Nintendo-Qualität nicht den Konzern retten. Aber sie bestärken nicht nur die Anhänger der Solo-Abenteuer im eigenen Hause, sondern auch die der sparsamer und intelligenter produzierten Spiele. Und sie geben Hinweise darauf, dass unter all den alten Maskottchen und Lizenzen vielleicht noch welche warten, die man auf ebenso kreative Art wiederbeleben könnte, anstatt ein weiteres künstliches Mega-Universum nach Zielgruppenanalyse zu erschaffen.


Was passiert also in den folgenden Wochen und Monaten, rund um den Start der PS5 Pro am 7. November? Das Wichtigste der State of Play zuerst, denn Sucker Punch wird 2025 an Ghost of Tsushima anknüpfen - hurra! Das Abenteuer im alten Japan gehörte zu den ästhetisch eindrucksvollsten der letzten Jahre. Ich starte es jetzt noch ab und zu, einfach um für ein paar Minuten in seiner wunderbaren Wildnis zu versinken oder mich im Kurosawa-Stil zu duellieren.



Außerdem ist es eine weise Entscheidung, mit diesem Ghost of Yotei nicht direkt erzählerisch anzuknüpfen, sondern ein paar Jahrhunderte mit neuer Heldin in die Zukunft zu springen und dem Ganzen mit Wildwestklängen sowie dem Wolf als Begleiter einen frischen Impuls zu verleihen. Ich freue mich jedenfalls sehr auf das Abenteuer im Jahr 1603, das dann übrigens in derselben Epoche wie die (grandiose!) TV-Serie Shogun angesiedelt ist.


Ebenfalls gefreut hat mich Legacy of Kain: Soul Reaver 1 & 2 Remastered, das am 10. Dezember für PS4 und PS5 erscheinen soll. Für mich gehört dieses Action-Adventure der Jahrtausendwende zu den wenigen erzählerischen, wenn auch unvollendeten Meilensteinen dieses Genres, was vor allem der damaligen Entwicklerin Amy Hennig zu verdanken ist. Ob mich Raziel und seine Weltenwechsel heutztutage noch begeistern können? Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mir hier viel eher eine technische Qualität à la Horizon Zero Dawn Remastered gewünscht, das am 31. Oktober überflüssiger Weise aufpoliert wird. Warum soll ich das als Besitzer des Originals für zehn Euro nochmal kaufen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das viele Leute reizt.



Abgesehen von diesen Enthüllungen sowie dem Termin des visuell starken Monster Hunter Wilds von Capcom, das am 28. Februar 2025 erscheinen soll, war für mich nicht viel Bemerkenswertes auf der State of Play zu sehen. Ich besitze allerdings keine PSVR2 - da gibt es im November immerhin Metro Awakening, im Dezember den Hitman sowie irgendwann, auch für PS5, das handgemacht gruselige Midnight Walk:




Aber die Virtual Reality bleibt eine immer leiser vor sich hin ratternde Baustelle für Sony, die erst mittelfristig von der Technik der PS5 Pro profitieren dürfte. Aus Hell is Us wurde ich nicht schlau, es macht mich mit seinem Szenario durchaus neugierig, aber die Motive greifen nicht so richtig ineinander und spielmechanisch wirkt es gewöhnlich; zumal das kanadische Team von Rogue Factor mit Mordheim: City of the Damned oder Necromunda bisher recht mittelmäßige Spiele ablieferte.




ArcheAge Chronicles wirkte noch viel generischer und der Early-Access-Hit Palworld ist gar nicht mein Fall - dass Sony den aktuellen Start auf PS5 nochmal betonte, lag sicher nicht daran, dass Nintendo und The Pokémon Company gerade das japanische Studio Pocketpair wegen Verletzung von Pikachurechten verklagen...


Richtig ernüchtert haben mich die Spielszenen aus Dragon Age: The Veilguard, das am 31. Oktober auf PC und Konsolen startet. Dass dieses Rollenspiel nichts mehr mit dem sehr guten Dragon Age: Origins von BioWare zu tun haben wird, war ja klar. Aber was ist das für ein austauschbares Playmobil-Artdesign? Die schweiß- und schmutzbefreiten Figuren könnten genauso in Fortnite auftreten. Und wie sieht der Drache aus? Dann der Bosskampf, der im Zeitalter von Dragon's Dogma sowie Elden Ring so richtig langweilig wirkte. Vielleicht urteile ich zu schnell, immerhin sind Kämpfe selten aussagekräftig für die Qualität eines Rollenspiels, aber da zieht mich nichts an.



Dann spiele ich lieber Fantasian Neo Dimension, das am 5. Dezember erscheint. Zwar hatte Mark Cerny nochmal einen Auftritt für eine Zusammenfassung der PlayStation 5 Pro, aber die wirkte am Ende fast wie ein Fremdkörper, weil man nicht direkt Bezug nahm auf Ghost of Yotei und die dort zu erwartenden technischen Vorteile. Ach so, davor wurde die Chroma Collection der "alten" PS5 viel zu lange präsentiert. Unterm Strich war das aber eine schöne State of Samurai...


Vielen Dank an alle Steady-Unterstützer, die dieses kleine Spiele-Magazin mit ihrem Abo möglich machen. Es würde mich freuen, wenn ihr auch an Bord kommt!


Hier nochmal alle Titel:


The Midnight Walk (PS5, PSVR2)

Hell is Us (PS5)

Metro Awakening (PSVR2), 7.11.

ArcheAge Chronicles (PS5), 2025

Palworld (PS5), Start

Lunar Remastered Collection (PS4/5), Frühling 2025

Fantasian Neo Dimension (PS4/5), 5.12.2024

Dragon Age: The Veilguard (PS5), 31.10.2024

Alan Wake II: The Lake House DLC (PS5), 10.2024

Hitman: World of Assassination (PSVR2), 12.2024

Legacy of Kain: Soul Reaver 1 & 2 Remastered (PS4/5), 10.12.2024

Fear the Spotlight (PS4/5), 22.10.2024

Towers of Aghasba (PS5), Early Access, 11.2024

Dynasty Warriors: Origins (PS5), 17.01.2025

Monster Hunter Wilds (PS5), 28.02.2025

Lego Horizon Adventures (PC, PS5), 03.10.2024

Horizon Zero Dawn Remastered (PC, PS5), 31.10.2024

Stellar Blade X Nier: Automata DLC (PS5), 2024

Ghost of Yotei (PS5), 2025

10 comentários


Sven
Sven
29 de set.

Nichts wirklich interessantes dabei mit Ausnahme des DLCs für Alan Wake 2. Die Konsolenschmieden und v.a. Sony wirken etwas orientierungssuchend.

Achja, zu Dragon Age: Hmm. Ich will da gar nicht unnötig draufrumhacken: Denke, die meisten von uns sind einfach nicht die Zielgruppe. Diese scheint größtenteils die Fortnite Generation.

Na gut, vielleicht noch einen Pun: Also Ghost of Yotei schien erstmal bissl dümmlich (abseits der schönen, aber überstilisierten Landschaftsgrafik). Angesichts des stupiden Fahndungsposters würde ich der von allen Ronin gejagten Dame einfach raten, den Hut abzulegen. Teil 3 kann kommen...

Editado
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neosphere
27 de set.

Tolle Nachrichten zum Ghost of Tsushima Nachfolger! Auch dass man sich nicht eine direkte Fortsetzung entschieden hat, finde ich richtig gut. So hat man die Chance eine andere Zeit/Gegend in diesem tollen Style zu erkunden. PS: AC Shadows nun wohl einpacken. ;-)

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Ryo Hazuki
Ryo Hazuki
27 de set.

Ich warte dann einfach auf die PC Versionen. Die sind dann pro-pro 😁.

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Xabbu
25 de set.

"Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mir hier viel eher eine technische Qualität à la Horizon Zero Dawn Remastered gewünscht, das am 31. Oktober überflüssiger Weise aufpoliert wird. Warum soll ich das als Besitzer des Originals für zehn Euro nochmal kaufen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das viele Leute reizt."


Hier hast Du zumindest schon mal einen Grund: Habe mir das Spiel auf der Playstation 4 gekauft, dann das Upgrade auf die PS5-Version, aber es letztlich bis heute nicht gespielt.

Ich will das Game aber unbedingt nachholen, also hole ich mir dann 'natürlich' die geilste Version, die spielbar ist. Der Aufpreis ist aus meiner Sicht im Vergleich zu den anderen Spaß-Ausgabe weiterhin sehr, sehr günstig ;) So geht dann…

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Jörg Luibl
Jörg Luibl
26 de set.
Respondendo a

Jup, auch ein Punkt.;)

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Andy
Andy
25 de set.

Beim Trailer von Dragon Age ist mir fast schlecht geworden. Ich war schon vorher skeptisch, aber der Titel ist für mich gestorben.

Immerhin, Ghost of Yotei sieht fantastisch aus, darauf freue ich mich. Ebenso auf die Legacy of Kain Remaster. Ja, schade kein Remake, aber so erhalte ich doch mal noch die Chance, diese beiden Titel endlich zu spielen.

Danke für deinen brillanten Bericht. Ich finde es äusserst spannend, wenn du auch mal über das ganze Management, den Wirtschaftsteil usw. berichtest.

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