Vorschau: Interessante Brettspiele auf der SPIEL 25
- Jörg Luibl
- vor 1 Tag
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Aktualisiert: vor 7 Stunden
Am 23. Oktober startet die SPIEL und verwandelt Essen für vier Tage in ein Eldorado für Brettspieler aus aller Welt. Manche lassen sich in den Fluten durch die Hallen treiben, stranden irgendwo an freien Tischen, probieren Spiele aus und finden vielleicht ihr Würfelgold. Andere folgen der seit Wochen markierten und oft vorbestellten Beute auf einer klaren Route.
Falls ihr noch nach Anregungen sucht, stell ich hier (und zum Hören als exklusiven Podcast für Steady-Unterstützer) einige Brettspiele vor, die dieses Jahr auf Deutsch und höchstwahrscheinlich auf der Messe erhältlich sind. Denn aktuell gibt es wohl einige Verzögerungen bei der Anlieferung der Container, die per Schiff und Zug aus dem fernen China kommen.
Auf meiner Liste lasse ich das sehr, sehr gute Endeavor: Die Tiefsee von Frosted Games mal weg. Das offizielle Kennerspiel des Jahres 2025 landet mit seinem tollem Unterwasserflair samt der wunderbaren Kettenreaktionen in der letzten Runde zwar immer wieder bei uns auf dem Tisch, aber ich hab es schon ausführlich in einer Rezension besprochen.
Über das kooperative Spiel des Jahres Bomb Busters vom Japaner Hisashi Hayashi sowie andere nominierte Spiele wie Flip 7, Krakel Orakel, Faraway oder Neuland spreche ich diese Woche im Podcast mit Martina Fuchs, die seit 2020 Teil der Jury ist und kurz vor der Messe noch Zeit gefunden hat. Was ich ebenfalls weglasse sind Spiele, die erst 2026 erscheinen.
Ausblick auf 2026
Allerdings muss ich vorab einen Ausblick geben. Zum einen dürfte sowohl für Videospieler als auch Miniaturen-Freunde die spielbare Version von Blasphemous in Halle 3 (B120) interessant sein. Denn die Italiener von Ludos Magnus haben den Kampf-Plattformer von 2019 dank über 2,3 Mio. Euro über Gamefound überaus ansehnlich und hochwertig umgesetzt.
Dann steht Speakeasy von Vital Lacerda und Ian O'Toole weit oben auf meiner Wunschliste. Es entführt auf einer tollen Karte von Manhattan in die 20er Jahre und thematisiert den Siegeszug der Mafia. Am Stand von Eagle-Gryphon Games in Halle 3 (C300) könnt ihr von diesem Duo auch The Great Library ausprobieren, das ebenfalls 2026 erscheinen soll.
Nicht unerwähnt lassen will ich natürlich The Elder Scrolls: Betrayal of the Second Era, das im ersten Quartal 2026 auf Deutsch bei Frosted Games erscheinen soll und überraschen könnte. Denn Chip Theory Games lassen hinsichtlich Kampf und Charakterentwicklung ihr erfolgreiches Too Many Bones einfließen. Mehr dazu in dieser Erkundung und im Podcast mit Benjamin Schönheiter.
Außerdem hat Feuerland für das dritte Quartal 2026 die deutsche Version des kooperativen SciFi-Abenteuers Vantage von Jamey Stegmaier (Scythe, Viticulture) angekündigt. Das ist mit seiner kreativen offenen Welt ohne Kampagne auf Englisch erschienen, konnte sehr gute Wertungen einheimsen und ist in Halle 3 (2R400) bei Stonemaier Games zu sehen.
Last but not least wird es alle Lovecraft-Freunde sicher interessieren, dass Chaosium in Halle 3 (S120) bereits Miskatonic Tales: Journey to Innsmouth verkaufen wird. Das kooperative Horror-Abenteuer, das sich mit seinen Karten und Charakteren auf das Storytelling und taktisches Teamwork konzentriert, wird offiziell erst 2026 erscheinen.
So, bevor das doch zu viel an Vorschau wird, kommt jetzt meine kleine, alphabetisch sortierte Auswahl an neun Brettspielen des Jahres 2025, die mich neugierig machen.
Adamastor (Ludonova)
Halle 3, F115; 20 Euro
Ich spiele sehr gerne mal alleine, liebe das Abtauchen in Nemo's War und werde meine Kampagne in Das Vermächtnis des Yu wohl bald beenden, falls ich die Barbaren an den Grenzen und den Gelben Fluss aufhalten kann. Und irgendwie scheint mich das Wasser in Solospielen anzulocken. Denn in Adamastor vom Portugiesen Orlando Sá geht es um die Seefahrt im Zeitalter der Entdeckungen.
Das markante Cover mit den Segeln und Totenschädeln hat mich sofort angelockt und das Thema klingt interessant. In dieser hübscher designten zweiten Edition der Kartentaktik von 2017 geht es nicht nur um Entdeckungen, sondern auch das Wetter und die Crew an Bord inkl. Fähigkeiten, Moral und Trauma. Ich hab Lust auf dieses Abenteuer, das nach einem Giganten aus einem portugiesischen Heldengedicht benannt wurde - und auf Englisch erhältlich ist.
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Dead Cells (Frosted Games)
Halle 3, D200; 89,95 Euro
Ich hatte oben bereits Blasphemous erwähnt, das 2019 für PC und Konsolen heraus kam. Aber ein Jahr zuvor erschien ein weiteres, noch weitaus erfolgreicheres Metroidvania namens Dead Cells. Und dessen Roguelike-Mechanik wird in dieser Brettspiel-Umsetzung auf kreative Art eingefangen. Dafür sorgen streng sortierte Kartendecks und Spielpläne mit dauerhaften Steckplätzen, so dass man sichern und neu starten kann.
Das Scheitern gehört für einen bis vier Spieler also zum Prinzip, denn man schaltet stückweise neue permanente Fähigkeiten frei, und zwar in knackigen Runs von 30 bis 45 Minuten. Ich hab die ersten Dungeons alleine als "Verbrannter" zusammen mit dem fliegenden Schwert Serenade erkundet, mein Charakterdeck gestärkt und hoffe mit weiteren Zellen so zu mutieren, dass ich endlich den ersten Wächter besiegen kann.
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Der Herr der Ringe: Das Schicksal der Gemeinschaft (ZMan Games)
Halle 7, C111/C311, 69,95 Euro
Der Ringkrieg steht neben Twilight Struggle und Twilight Imperium ganz weit oben in meiner ewigen Bestenliste der Brettspiele, weil er die dramatische Geschichte der Hobbits und den epischen Krieg um sie herum auf so einzigartige Weise auf den Tisch bringt. In eine ähnliche Richtung geht dieses Abenteuer von Matt Leacock, nur dass es erstens rein kooperativ und zweitens vom Entscheidungsprinzip seines Pandemic inspiriert ist.
Es geht also um knifflige Situationen und spürbare Konsequenzen für einen bis fünf Spieler, die jeweils zwei von 13 Charakteren aus Tolkiens Roman steuern. Zwar begegnen Frodo & Co bekannten Feinden wie den Nazgûl und gelangen an Orte samt Schlachten wie Helms Klamm, aber 24 einzigartige Ziele und 14 Ereignisse sollen dafür sorgen, dass der Weg mit dem Einen Ring nach Mordor jeweils ganz andere Herausforderungen birgt.
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Flossenschlag (Feuerland)
Halle 3, Q300; 49,90 Euro
Wer des Kampfes müde ist und entspannt sammeln, aber trotzdem wetteifern will, sollte sich Flossenschlag ansehen. Zum einen ist der seltsam klingende Name eine Abwandlung des von mir sehr geschätzten Flügelschlag aka Wingspan, mit dem Elizabeth Hargraves und Stonemaier Games im Jahr 2019 mit 180 Vogel-Karten sowie einem kurzweiligen Wettbewerb um Futter, Eier sowie Lebensräume international begeistern konnten.
Zum anderen geht es für bis zu fünf Spieler hinab in die Tiefe des Meeres. David Gordon und Michael O’Connell wechselten nicht einfach die Tierart, sondern haben die Spielmechanik angepasst: Man kann Fische in seinen Zonen platzieren und aus Eiern schlüpfen lassen, bis sie Schwärme bilden. Man hat vier Runden, um von der Sonnenzone bis zur Mitternachtszone möglichst viele Fische zu erforschen, die auf über 125 Karten illustriert sind.
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Galactic Cruise (PD Verlag)
Halle 2, E210; 109 Euro
Ich spiele ja gerade The Outer Worlds 2 auf der PS5 und dieses Raumschiff auf dem Cover würde gut zur Science-Fiction von Obsidian passen. Aber auf dem gediegen bunten Spielplan geht es nicht um Rollenspiel oder Krieg, sondern um knallhartes Management als Abteilungsleiter eines Raumschiff-Unternehmens, das sich auf Luxusreisen spezialisiert hat. Und wer die am besten verkauft, wird am Ende neuer Geschäftsführer.
Also stellt man Personal ein, erforscht neue Technologie, baut weitere Raumschiffe und wirbt mit Reisen ins Weltall um zahlungskräftige Kunden. Zwar wurde das Spiel von Ian O'Toole designt, aber nicht wie so oft von Vital Lacerda, sondern bei Kinson Key Games in Tennessee von einem Autoren-Trio konzipiert. Trotzdem geht es um anspruchsvolles, komplex verwobenes Workerplacement für einen bis vier Spieler.
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Kilia (Huch)
Halle 6, B300; 44,49 Euro
Kiel ist eine im 13. Jahrhundert gegründete Hafenstadt an der Ostsee. Sie sollte schon im 16. Jahrhundert direkt mit der Nordsee und der weiten Welt verbunden werden. Das klappte zunächst nicht, aber als sie zum Königreich Dänemark gehörte, wurde der Eiderkanal eröffnet, der als Vorläufer des heutigen Nord-Ostsee-Kanals von 1784 bis 1890 vor allem von Segelschiffen befahren wurde.
In dieser Epoche wetteifern zwei bis vier Spieler als Reeder um den Einfluss in der Stadt. Sie spielen jede Runde eine Aktionskarte aus, um auf dem Markt zu handeln, Schiffe oder Gebäude zu bauen oder Aufträge zu erfüllen. In der Ratsphase bekommt man schließlich Waren und die Schiffe segeln über den Kanal. Ich mag das Artdesign von Stefan Sonnberger und wünsche Lars Ehresmann viel Glück bei seiner Premiere als Spiele-Autor.

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Königreich Legacy - Feudale Welt (Schwerkraft)
Halle 3 (V600); 16,00 Euro
Das auf Karten basierte Solo-Abenteuer von Jonathan Fryxelius (Terraforming Mars) kam schon letztes Jahr im englischen Original gut an. Es simuliert den Aufbau eines mittelalterlichen Königreichs inklusive permanenter Entscheidungen. Das heißt, dass Karten ähnlich wie im Klassiker Pandemic zerstört, beschriftet oder überklebt werden. Dafür sind Sticker für Holz, Steine, Eisen, Schwerter und Burgen beigefügt.
Kingdom Legacy schaffte es 2024 auf die Nominierungsliste für das beste Solospiel und wurde dieses Jahr bei Schwerkraft ins Deutsche übersetzt. Ein Durchlauf soll etwas sechs Stunden dauern, aber es gibt schon einige kleinere und größere Erweiterungen wie "Befreie die Wälder" oder "Ferne Länder", die zwischen 30 und 160 Karten hinzufügen, so dass man sein Königreich weiter ausbauen kann.
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The Druids of Edora (Ravensburger)
Halle 7, D311; 59,99 Euro
Mit deutlich mehr Erfahrung sind die Druiden von Edora unterwegs. Denn der seit Anfang der 2000er aktive Stefan Feld führt zwei bis vier Spieler durch einen mystischen Wald, wo sie Menhire errichten, Rituale durchführen und Misteln für Tränke sammeln. Das klingt gar nicht mal so spannend, aber in meinem Regal stehen einige gute Spiele von Feld wie Burgen von Burgund, Bora Bora oder AquaSphere, das wir erst kürzlich wieder gespielt haben.
Dieses Druiden-Abenteuer scheint auch als Duell für zwei Spieler geeignet zu sein, sieht ansehnlich aus und es kommen Würfel zum Einsatz, was ich ohnehin mag. Man bewegt seine Figur zu einem Kultplatz, um dort mit einem Würfel ein freies Aktionsfeld zu besetzen, wobei beides Proviant kostet. Wer den höheren Wert an einem Platz hat, gewinnt Prestigepunkte, außerdem werden Aktionen von Wissenszuwachs bis Sichelernte ausgeführt.

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Thesauros (Elznir Games)
Halle 2, B100/110; 69,95 Euro
Ja, ich habe ein Faible für Brettspiele rund ums Meer. Und Thesauros von Cedric Millet (Meeple Circus) spricht mich sofort an. Denn ein bis vier Spieler suchen hier in Schiffswracks nach versunkenen Schätzen. Und der wunderbar illustrierte Spielplan verspricht einen stimmungsvollen Wettlauf, der über drei Jahre klassisches Workerplacement und Finanzmanagement inszeniert.
Die privaten Seebergungs-Firmen müssen ihre Funde an Museen verkaufen, um das kompetitive Spiel zu gewinnen. Auf dem Weg dorthin kann man mit seinem Budget forschen, die Ausrüstung sowie eine Crew zusammen stellen, wobei jede Firma einen Spezialisten hat, mit dem man besonders effizient agieren kann. Neben dem Abenteuer vor Ort samt Boot und Haien gilt es Werbung zu machen und seine Finanzen zu managen.

Ich heiße Jörg Luibl, bin freier Journalist und biete mit Spielvertiefung seit November 2021 ein unabhängiges Magazin an, in dem die Kultur und nicht der Klick relevant ist. Ich arbeite alleine und verzichte komplett auf Werbung, Kooperationen sowie über KI erstellte Inhalte. Diese Alternative zum Reichweiten-Journalismus ist nur dank der Unterstützer über Steady möglich.