Auf einen Whiskey 032: Daniel Martin Feige
- Jörg Luibl
- 1. Juli 2022
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Juli 2022
Wie definiert man Computerspiele? Und wann sind sie Kunst? Kann man das überhaupt beantworten? Und falls ja, welche Kriterien müssten sie erfüllen? Liegt die Wertschätzung im subjektiven Auge des Betrachters oder gibt es objektive Maßstäbe? Was ist überhaupt der Unterschied?
Ich habe mich sehr über dieses Gespräch mit Daniel Martin Feige gefreut, der 2015 mit seinem Werk "Computerspiele. Eine Ästhetik" dazu beigetragen hat, die akademische Perspektive auf dieses Hobby über die bekannten Kontroversen der Game Studies (Ludologen vs. Narratologen) hinaus um interessante philosophische Aspekte zu bereichern.
Das ist zwar kein Buch zum Wegschmökern, sondern eine Facharbeit, in der es mitunter theoretisch wird, aber es geht darin anschaulich um Spiele wie Planescape Torment, God of War oder BioShock. Was machen sie anders? Warum spielen wir dort auch uns selbst? Was mir sehr gefällt ist zudem der erweiterte Blickwinkel, der andere Medien und Unterhaltungsformen mit einbezieht. Dazu ein Auszug über das Ziel seiner Betrachtung:
"Die ästhetischen Eigenarten des Computerspiels sollen in der Weise aus der Perspektive der philosophischen Ästhetik und Kunsttheorie in den Blick genommen werden, dass das Computerspiel als ästhetisches Medium im Spannungsfeld anderer ästhetischer Medien
verständlich wird. Das Computerspiel wird somit im Reigen von Film, Fotografie, Musik, Literatur, Malerei usw. verortet werden."
Wir sprechen natürlich über dieses Buch, über den Begriff der Ästhetik und nicht nur über die drei genannten Spiele, sondern auch über Tetris, Dear Esther, Spec-Ops und Dark Souls. Es geht zudem ein wenig um Jazz, die Bildende Kunst, um einige Gedanken von Hegel, Kant und Adorno.
Daniel ist als Kind der 80er mit C64, Amiga & Co aufgewachsen, hat sein Abi in Glückstadt an der Elbe gemacht, in Frankfurt promoviert, Klavier studiert und ist bis heute als Spieler aktiv - er freut sich u.a. auf das nächste Jagged Alliance. Er ist Profesor der Philosophie und Ästhetik an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, hat u.a. über Jazz, Musik und Design geforscht. Seine aktuelle Publikation beschäftigt sich mit der Natur des Menschen.
Vielen Dank an alle Steady-Unterstützer, die diesen kostenlosen Podcast und weitere Formate mit ihrem Abo möglich machen.
Es würde mich freuen, wenn ihr auch an Bord kommt! Viel Spaß mit dem Podcast:
Vielen Dank für den Podcast! In manchen Momenten, vor allem am Anfang, hätte ich mir eine visuelle Grundlage à la Whiteboard gewünscht, da wurde es dann doch sehr abstrakt! Aber alles andere wäre ja auch eine Enttäuschung gewesen "wenn ein Philosophie Professor" eingeladen wird^^
Ich denke Gegenstand X (Bild, Buch, Spiel, Musik) als Kunst zu klassifizieren, liegt dem Wunsch zugrunde, im Vorfeld zu wissen ob es sich lohnt sich mit X zu beschäftigen.
Das geht dann leider so weit, dass sich bestimmt einige Menschen so sehr an dem Begriff Kunst orientieren, dass das eigene Empfinden dem vor(herigen) (-)Urteil untergeordnet werden.
Was will ich den mit "Kunst"? Ich fühle mich wohl bei Konsumieren, fühle mich inspiriert, habe Assoziationen, etc. . Vielleicht…
Harter Tobak so ein "Hegel-Podcast" :)
"... ein Spiel zu spielen, das den Anspruch auf Kunst erheben könnte, ist eines, das sich selbst in seinem Spielsein thematisiert und dabei und dadurch zugleich meine Position als Spieler."
Und Ästhetik ist, wenn es "Klick macht", man das "Klickmachen" aber nicht durch Regeln erklären kann.
Während Kunst oft auch, quasi ungeplant, aus dem Bauch heraus enstehen kann.
Gerne mehr davon, auch wenn mir der Kopf qualmt ;)
Eine narratologische Erklärung von R-Type würde bei mir durchaus die Neugier wecken :)
Beim eigentlichen Begriff 'Computerspiel' sitzen die Ludologen aber am längeren Hebel.
Und jetzt wieder zurück zur Büffeljagd.
Wirklich interessant.
Dennoch bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits kann ich außerhalb von Spielen gut über Spiele reden, auch debattieren und analysieren. Während ich spiele, habe ich diese Gedanken eher seltener. Da „bewerte“ ich ein Spiel viel mehr in Hinsicht auf seinen Unterhaltungsfaktor.
Das ist schwierig zu erklären, vielleicht ganz situationsbedingt. Nach einem Spiel kann ich besser analysieren, mit etwas Abstand fließen oft auch Punkte ein, die erst dann an Bedeutung gewinnen. Oder anders gesagt, ist jedes Spiel für mich ein gutes Spiel, was mich dazu bringt, es durchzuspielen, denn so ein Spiel macht ganz offenkundig etwas richtig…rein auf mich bezogen. Ein Spiel, was das nicht schafft, kann noch so gute Kritiken, Wertungen, Einschätzungen und Awards bekommen, es steigt deswegen bei…
Ganz toll. Als Naturwissenschaftler sind die Podcasts für mich echt Horizont-erweiternd :-)
Mal wieder ein sehr interessantes Gespräch mit einem sehr interessanten Gast.
Vor allem, finde ich zumindest, kann man Daniel sehr gut folgen, da er es doch sehr anschaulich erklären kann. Gar nicht so selbstverständlich bei so einem eher schwierigen Thema.
Wobei ich mir bei solchen Analysen (schon bei den Textanalysen damals in den Grund- und Leistungskursen) immer die Frage stelle: hatte der Verfasser (auch übertragend für Videospiele) denn auch schon beim Verfassen diese Absicht, wie sie eine viel spätere Analyse dann herausgefunden hat?
Insgesamt gehe ich da aber auch mit und bin der Überzeugung, dass (Video-) Spiele keine Kunst per se sind. Es gibt aber einige wenige Exemplare, die mit ihrem eigenen Medium so gut umgehen können, dass Teile davon…