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AutorenbildJörg Luibl

Rezension: Bonfire Peaks

Manchmal reicht ein Kreativkopf wie Corey Martin, um für Unterhaltung zu sorgen: In Bonfire Peaks aus der Puzzle-Schmiede Draknek geht es für knapp 15 Euro lediglich darum, eine Kiste mit Habseligkeiten zu verbrennen. All das in sehr kleinen Arealen, inszeniert in einer einfachen Kulisse, für die man sicher keine PlayStation 5 oder Highend-Grafikkarte benötigt. Warum macht dieses reduzierte Knobeln trotzdem Spaß? Die Rezension gibt es auch zum Hören.



Entsorgung mit Köpfchen


Die Antwort: weil Spielmechanik und Kulisse eine stimmungsvolle Symbiose eingehen. So einige kleine Studios haben in den letzten Jahren bewiesen, wieviel Magie im Pixel stecken kann - diesmal sind es allerdings Voxel, ähnlich wie in Minecraft, Trove oder No Man's Sky, die zum Zuschauen einladen. Bonfire Peaks sorgt vielleicht nicht für ein Staunen auf den ersten Blick, aber es inszeniert eine melancholisch idyllische Inselwelt. Die fantasievollen Hintergründe und gediegenen Farben sorgen zusammen mit dem Knistern der Lagerfeuer für gemütliches Wildnis-Flair.



Was aber viel wichtiger ist: die etwa 200 Logikrätsel machen richtig Laune! Hier muss man nicht nur um die Ecke denken, sondern sich mit Kisten und Kartons auch um selbige bewegen - man lotst seine Figur dabei Schritt für Schritt, horizontal und vertikal, durch die 3D-Kulisse. Das Grübeln entsteht, wenn z.B. eine Säule eine Drehung verhindert und man erstmal einen Schritt rückwärts gehen muss. Also die Figur samt Kiste um 90 Grad schwenken und...ups: jetzt ist die obere Kiste runtergefallen, weil sie gegen ein Hindernis stieß. Also vielleicht zwei Schritte zurück und dann drehen? Oder doch von vorne? Moment, ich versuch es anders...


Geduld und Komfort


Bonfire Peaks richtet sich an geduldige Knobelfans, die nicht so schnell aufgeben und Spaß am Verschieben und Kombinieren haben. Trial & Error ist nicht euer Ding? Dann Finger weg! Das Ziel ist übrigens stets dasselbe: Man muss eine Kiste von A nach B bringen - wobei B ein Feuer ist, in dem sie verbrennt. Aber der Weg dorthin variiert und überrascht mit immer neuen Lösungswegen. Mal kann man sich über andere Kisten eine Treppe, mal eine Brücke über Wasser oder einen Turm bauen. Es kann aber auch sein, dass man Kisten gezielt in Nischen schieben muss, damit auf der anderen Seite etwas herausfällt, das man wiederum benutzen kann.




Wer sich beim Ausprobieren verheddert oder alles unglücklich stapelt, kann auf eine komfortable Rückspulfunktion zugreifen - und schwups, ist der letzte Schritt (oder noch mehr) rückgängig gemacht. Mitunter kann die Steuerung etwas nerven, denn das Drehen und Wenden verlangt genaue Eingaben, bei denen man sich schonmal vertun kann. Auch die Kamera lässt sich nicht komplett drehen, sondern nur leicht schwenken, obwohl man gerne mal hinter die Kulisse eines Areals schauen würde.


Die liebevoll designten Schauplätze wirken dabei fast wie handgemachte Dioramen. Wer eine Story im klassischen Sinne mit Dialogen oder Texten sucht, wird zwar nicht fündig. Aber dafür gibt es ein wenig Kopfkino: Warum verbrennt man eigentlich seine Sachen? Warum versucht man sich dann immer wieder stoisch am Neuanfang - als würde man ständig rastlos auf der Suche sein? Hinzu kommen Hinweise in der Umgebung - vom Friedhof bis zum verlassenen Auto lädt so einiges zur Spekulation über die Vergangenheit des (traurigen?) Helden ein. Überaus sympathisch ist die Animation, wenn er sich einfach mal hinsetzt, die Beine baumeln lässt und entspannt.




FAZIT


Mittlerweile ist es ein Ritual geworden: Ich spiele fast jeden Abend eine Runde Bonfire Peaks. Jetzt könnte man meinen, dass die knackigen Logikaufgaben stressen würden, aber dieses Knobeln wirkt tatsächlich entspannend. Das liegt zum einen an den kleinen Arealen mit ihren kreativen Kopfnüssen, die immer wieder mit neuen Herausforderungen überraschen: Hey, das sieht leicht aus! Moment, das geht irgendwie nicht, da fehlt ja ne Kiste...grübel... Zum anderen tragen die angenehme Rückspulfunktion sowie die Oberwelt mit ihren Alternativen dazu bei, dass das Um-die-Ecke-Denken auch nach Fehlschlägen weiter Laune macht. Schließlich mag ich die unaufdringliche Symbolik, denn manchmal kann es tatsächlich befreiend sein, die Vergangenheit wie eine überflüssige Kiste zu verbrennen. Was auch immer man darin sehen mag: Bonfire Peaks ist ein richtig gutes Knobelspiel in gemütlicher Lagerfeuer-Atmosphäre. (Bonfire Peaks ist für PC, PS4, PS5, One, XBS und Switch erhältlich)



17 Comments


Unknown member
Nov 22, 2021

Hi Jörg

Interessantes Spiel, danke für den Test. So kommt auch mal was Unbekanntes auf den Schirm, jedenfalls geht es mir so.

Hatte mal ein ähnliches Ritual, jeden Abend eine Runde Captain Toad: Treasure Tracker.

Was Wertungen betrifft…weiß nicht, ob das unbedingt nötig ist. Aber ich spreche freilich nur für mich. Wenn ich zum Beispiel an deine Tests zu Twilight Princess oder auch The Witcher 3 denke, hätte ich einen deutlich geringeren Eindruck vom Spiel gehabt, wenn man zur Seite mit Fazit und Wertung springt. Entscheidend ist, wie und warum der Tester zu seinem Endergebnis kommt. Kann sein, dass ein für den Tester tolles Spiel trotzdem nichts für mich ist. Das erfahre ich im Text, nicht in der Note. Schliesst…


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Ryo Hazuki
Ryo Hazuki
Nov 20, 2021

Was habe ich solche Berichte zu Spielen, die man vielleicht auch gar nicht auf dem Schirm hat (wie in diesem Fall bei mir) aus Jörgs Feder vermisst. Sehr schön, sehr schön :).

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Jörg Luibl
Jörg Luibl
Nov 20, 2021
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Das freut mich! Versuche natürlich auch - irgendwann - aktueller zu sein. Aber auf so einem Schiff herrscht ein anderes Zeitgefühl.;)

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Ry Mosh
Ry Mosh
Nov 20, 2021

Ich mag auch sehr gerne Knobelspiele, diese am liebsten auf‘m Tablet. Am PC spiele ich so etwas eher nicht.

Eine Wertung habe ich nicht vermißt. Ganz im Gegenteil, der Text transportiert doch Jörg‘s Eindruck bereits vollständig.

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Jörg Luibl
Jörg Luibl
Nov 20, 2021
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Ja, ich werde auch auf dem Tablet weiter Ausschau halten. Da gibt es einige richtig gute Geheimtipps. Mal sehen.

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Andy
Andy
Nov 19, 2021

Ein Spiel, das ich bisher nicht so auf dem Radar hatte, aber nun gerne mal reinschaue. Danke für den schönen, runden Test. Zur Wertungsdiskussion: ich habe die Wertung in Form einer Note oder ähnlichem gar nicht so vermisst. Irgendwie fand ich das prozentfreie Fazit äusserst angenehm. Und falls dir, Jörg, mal ein Spiel nicht gefällt, dann werden wir LeserInnen das bestimmt auch früh genug erfahren.

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Jörg Luibl
Jörg Luibl
Nov 20, 2021
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Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass ich hier eher Spiele ab solide bis gut aufwärts bespreche.Aber es kann auch mal sein, dass etwas nicht liefert, in das ich Zeit investiert habe...

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KaFour
KaFour
Nov 19, 2021

Vielen Dank für den Test.


Gewagte Text-Exegese: Der Teil "weil Spielmechanik und Kulisse eine stimmungsvolle Symbiose eingehen. kleine Studios haben in den letzten Jahren bewiesen, wieviel Magie im Pixel steckt". Bezieht sich das evtl. auf Into the Breach?


Egal, Bonfire Peaks, sieht gut aus. Und alles, wo im Bericht auch nur indirekt und potentiell "Into the Breach" erwähnt wird, muss sowieso ausprobiert werden. 😀


Diese Art von Spiel bzw. Test ist ansonsten genau das, was ich mir hier von der Spielevertiefung wünsche. Einfach weil es wo anders so schwer zu bekommen ist oder in der Unmenge der Berichte untergeht. Auf eine Wertung kann ich dabei verzichten: ab und zu kann man alte ähem Bärte auch mal abschneiden 😀

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Jörg Luibl
Jörg Luibl
Nov 20, 2021
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Auch auf Into the Breach! Aber da war natürlich mehr.;)

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