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AutorenbildJörg Luibl

Rezension: The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom (SW)

Link, der ewige Held, wurde von Ganon gefangen. Und der Erzbösewicht übersät das Königreich mit Rissen, aus denen Monster kriechen. Schlimmer noch: Sie verschlucken die Bewohner und spucken Doppelgänger aus. Der dämonische König sperrt sogar seine Tochter Zelda ins Gefängnis, wo sie auf ihre Hinrichtung wartet. Denn man macht sie für den drohenden Untergang von Hyrule verantwortlich. Ist die Prinzessin überhaupt noch zu retten?





Willkommen im Spielzeugland


Das klingt nach einem fürchterlichen Drama mit tödlichem Ausgang, aber es läuft natürlich auf Nintendos charmantem Kinderkanal. Man erlebt ein kunterbuntes Märchen in sehr einfacher, manchmal die Geduld strapazierender, aber durchaus witziger Sprache. Es knüpft stilistisch an A Link Between Worlds von 2013 auf dem 3DS an. Und so durchstreift man zunächst in der Draufsicht eine dreidimensionale Polygonkulisse, in der das Königreich wie ein frisch poliertes Spielzeugland glänzt - etwas zu stark, so dass es leicht künstlich wirkt.


Aber es ist mit seinen sieben Regionen rund um Schloss Hyrule sowie den Hyliasee so groß und vielfältig wie kein anderes 2D-Zelda: Von der Küste über Wüsten und Sümpfe bis hin zu Meeren, Vulkanen und Gebirgen reicht das Land, das man nahtlos erkunden kann. Dabei begegnet man alten Bekannten wie den Kriegerinnen der Gerudos oder den koboldartigen Dekus, kann in Sandstürmen kaum etwas sehen, im Schlamm versinken und in den verschneiten Bergen sogar vor Kälte sterben.



Allerdings fallen neben den lila Rissen recht früh die kleinen Ruckler auf, vor allem wenn man durch die Landschaft mit etwas mehr Sichtweite wandert. Das ist zwar nicht all zu schlimm, aber es stört das Erlebnis und zeigt mehr als deutlich, dass diese Switch längst über ihren Zenit hinaus ist. Trotzdem ist dieses farbenfrohe Hyrule mit all seinen putzig animierten Wesen überaus ansehnlich. Und spätestens bei den nach Zuckerwatte süchtigen Dekus musste ich auch in den Dialogen schmunzeln.


Kritik am Nichts und der Musik


Hat man sich einmal auf die Kulisse eingelassen, kann man dem Charme dieser Welt erliegen. Mir gefällt zwar das näher am Comic orientierte Cel Shading von Wind Waker besser als dieser Playmobilstil, aber dafür entsteht hier das Gefühl eines wuselbunten Dioramas. Das hat auch eine dunkle Seite: Hinter den Rissen lauert die wabernde Parallelwelt des Nichts in dunklen Farben. Aber die ist recht fade designt und kann weder über ihre durcheinander gewirbelte Architektur noch ihre tintenschwarzen Monster besonders markante oder gar unheimliche Akzente setzen.



Auch von der Musik war ich etwas enttäuscht, denn einige Stücke haben mich akustisch richtig genervt. Das fing schon in der Wüste von Gerudo an und ging später bei den Zoras weiter, so dass ich sie in den Einstellungen leiser oder ganz abstellen wollte. Aber das kann man tatsächlich nicht machen, also musste ich manchmal den kompletten Ton ausmachen, um den lästigen Ohrwurm zu vertreiben. Ansonsten gibt es wie üblich keine Sprachausgabe und die Texte sind sauber ins Deutsche übersetzt.


Und obwohl ich gerade das Nichts kritisiert habe, birgt es dennoch die sieben Höhepunkte des Spiels. Denn zum ersten Mal seit Breath of the Wild kehren die klassischen Dungeons zurück, die Zelda meistern muss. Das bedeutet, dass man auf mehreren Etagen nach Schlüsseln sucht, bis man die finale Kammer mit dem Boss öffnen und ihn besiegen kann. Ich hab mich sehr darüber gefreut, denn in diesen Ruinen und Tempeln blüht das zunächst langsam vor sich hin plätschernde Abenteuer richtig auf, mit tollen Rätseln und Herausforderungen.


Prinzessin auf der Flucht


Doch bevor Prinzessin Zelda die Welt des Nichts oder diese Dungeons überhaupt betreten kann, um den verschollenen Link zu suchen, muss sie mit ihren schmalen drei Herzen erstmal aus der Zelle fliehen. Das geht recht fix, denn sie wird von Tri besucht, einem sympathischen Feenwesen, das ebenfalls auf der Suche nach vermissten Freunden im Nichts ist. Er überreicht ihr einen Zauberstab, mit dem sie Gegenstände und Kreaturen von der Topfpflanze bis zur Fledermaus klonen sowie beschwören kann.


Das geht kinderleicht: Einfach eine Stelle vor Zelda ansehen, etwas über das Steuerkreuz auswählen, Knopf drücken und - zack, es ist da! So klettert Zelda mit herbei gezauberten Möbeln aus ihrer Zelle, schleicht an Wachen vorbei, taucht durch Tunnel in der Seitensicht und flieht endlich in die Welt hinaus. Kaum wandert sie los, kann sie um die eigene Achse wirbeln, so dass sie ähnlich wie sonst Link mit seinem Schwert das Gras mäht, um vielleicht einen Edelstein zu finden. Das Spielgefühl ist jedenfalls sehr nah dran an der Tradition.



Doch Zelda wird zunächst per Steckbrief gesucht und ist daher inkognito unterwegs, versteckt unter der blauen Kapuze von Link, den schon jedermann vermisst - manche scheinen richtig enttäuscht, wenn sie die Prinzessin erkennen, denn nur ihm trauen sie offenbar die Rettung von Hyrule zu. Wie es zu seinem Verschwinden kommen konnte, erlebt man in einem spielbaren Prolog, wenn man mit zwanzig Herzen, Schwert, Schild und Bogen gegen Ganon als Wildschweinboss kämpft. In diesem Moment ist Zelda noch in einem Kristall gefangen.


Zelda zwischen Magie und Kampf


Aber mit letzter Kraft, bevor er von einem Riss verschluckt wird, kann Link diesen Kristall beschießen und die Lady befreien. So beginnt also nach fast vierzig Jahren das erste Abenteuer in der Rolle von Prinzessin Zelda, die seit 1986 von Link gerettet wurde. Und das, obwohl sie innerhalb dieser Geschichte der ewigen Wiederkehr die mächtigere Figur ist: Als göttliche Trägerin der Weisheit erkennt sie meist die Gefahren für das Königreich, handelt tapfer und selbstlos, schickt den Helden los und half ihm schon des Öfteren mit dem Bogen im Kampf.


Sie symbolisiert das Licht, kann das Böse bannen und mit Geistern sprechen. Und sie war es, die Link in der wunderbaren Eröffnung von Tears of the Kingdom in das Dunkel unter Hyrule führte, weil sie etwas über die alte Kultur der Zonai erfahren hatte und eine Bedrohung in den Tiefen vermutete. Hier war sie nicht die Göttin, sondern trug vorsichtig die Fackel und wich erschrocken hinter ihrem Beschützer zurück, wenn es gefährlich wurde - fast so wie Yorda in Ico. Ob man dieser interessanten Lady auch mal ein großes Abenteuer widmet?


Dass sie mit Klinge, Schild, Bogen und Bomben umzugehen weiß, kann sie jedenfalls auch in diesem kleinen Abenteuer beweisen, wenn sie das Nichts betritt und den ersten Dungeon meistert. Denn nach dem Bosskampf gegen einen Steingolem erhält sie dort das blaue Schwert der Macht. Damit kann sie ganz klassisch wie Link kämpfen, so lange die blaue Energie wabert. Die Klinge kann übrigens ebenso bis zu vier Level aufgerüstet werden wie später der Bogen oder Tri, der dann vier statt drei goldene Dreiecke wie einen Schweif hinter sich herzieht.


Das Schicksal in der Hand


Tri zeigt damit die Begrenzung für Beschwörungen an: Je nach Level eines Objektes oder Wesens kann Zelda nur wenige bis zum angezeigten Maximum herbei zaubern. Danach wächst der Schweif nicht ins Endlose, sondern wenn er Macht gewinnt, sinken manchmal nur die Kosten für bisherige Beschwörungen z.B. von zwei auf einen Punkt, so dass man vielleicht vier statt zwei Raben herbei rufen kann. Das ist ein gutes System, um die Balance zu wahren. Derart ausgerüstet, sowohl mit Magie als auch Waffen, nimmt Zelda das von Link unvollendete Schicksal also endlich mal selbst in die Hand.


Und es sorgt schon in den ersten Stunden für angenehmes Abenteuerflair, weil sie nach der Flucht aus dem Schloss zwar mit dem Rücken zur Wand steht, aber ihr quasi alle Wege offen stehen. Dabei wechselt die Perspektive manchmal aus der schrägen Draufsicht in die erwähnte Seitensicht, wenn es von der Oberfläche in die Dungeons und Höhlen geht, die man dann von links nach rechts erkundet. Die sind zunächst recht klein, aber je weiter man voranschreitet, desto größer werden sie, inklusive mehrerer Etagen und Eingänge.


Auf dem Weg zum Ziel ist zwar auch etwas Akrobatik gefragt: Zelda kann schwimmen sowie tauchen, während ihre Atemluft schwindet, sie muss auch Strömungen beachten und Leuchtkristalle berühren, um etwas unter Wasser zu sehen. Zwar geht es in der Wildnis auch mal um Timing beim Absprung oder in Minispielen um Tempo von A nach B, aber das ist kein forderndes Jump'n Run, denn im Vordergrund stehen die Rätsel und kleinen Geheimnisse, die von kleinen Kämpfen aufgelockert werden, die man jedoch bald eher nebenbei erledigt.



Außerdem bekommt man kleine Aufträge und bemerkt, dass sich selbst ein Blick unter einen Stein lohnen kann, denn überall warten kleine Überraschungen. So groß und frei wie in Tears of the Kingdom ist dieses Hyrule natürlich nicht, außerdem gibt ein Questmarker auf der vergilbten Karte immer die optimale Richtung vor. Aber man hat auch mal die Wahl der Route oder kann einfach so losziehen, um z.B. die versteckten blauen Artefakte zu finden, mit denen man u.a. das Schwert und dessen Energie aufwerten kann.


Spaziergang durch Hyrule


Sie sind viel relevanter als die Herzcontainer oder Edelsteine und manchmal schwer zu bekommen. Daher ist es schön, dass man die Karte mit mehreren Symbolen markieren kann, falls man mal etwas nicht auf Anhieb erreichen kann. Man wird auf jeden Fall erstmal das nahe Grasland samt Küste erkunden und den erwähnten ersten Dungeon im Nichts meistern, bevor man sich einem der beiden großen Risse in der Ferne der westlichen Wüste oder des östlichen Meeres zuwendet, in denen der Anspruch dann endlich ansteigt.


Denn bis hierher ist das trotz der tollen Experimente eher ein Spaziergang. Zwar gibt es sogar einen noch einfacheren als den normalen Schwierigkeitsgrad. Aber man muss sich kaum Gedanken um Zeldas Gesundheit oder zu wenig Tränke machen: Erstens findet bzw. erstellt man genug aufgrund der vielen Zutaten, und zweitens kann sich die Prinzessin jederzeit komplett heilen, wenn sie sich in eines ihrer beschworenen Betten legt - in der luxuriösen dritten Variante geht es am schnellsten.



Sogar mitten in der Wildnis oder einer Höhle mit Monstern kann sie ein Nickerchen bis hin zur vollständigen Genesung machen. Das senkt natürlich das Spannungsgefühl und entwertet für lange Zeit all die Tränke mit ihren vielen Herzen oder temporären Widerständen gegen Blitz & Co, die ich ohnehin nur in sehr wenigen Situationen über die knapp 25 Stunden hinweg gebraucht habe. Erst in den bereits erwähnten Bergen zwischen Schnee und Eis sind sie lebenswichtig, denn dort stirbt man ratzfatz ohne wärmende Getränke.


Sanft ansteigende Schwierigkeit


Immerhin wird das Rätseln nach dem ersten Drittel fordernder. Es gibt ja dieses Zitat von Eiji Aonouma, der auch schon für A Link Between Worlds verantwortlich war: „When Mr. Miyamoto says easy, he doesnt mean simple. He means easily -- this is the difficulty of the language here. Its accessible, and you know how to do things, if not necessarily what to do.“ Und genau diesem Prinzip folgt dieses Abenteuer, indem es den Spieler mit einfachen Mitteln und kleinen Rätseln langsam ins immer kreativere Knobeln mit mehr alternativen Lösungen bringt.


Zunächst geht es noch um grundsätzliche Mechaniken wie den Bau einer Treppe über einen Tisch und eine Kiste, die man wiederum so stapeln kann, dass sie noch etwas höher reicht. Hinzu kommt der Bau einer Brücke über ein, zwei oder mehr Betten. Und weil man manchmal auch schleichend unterwegs ist, ohne dass man Wachen bekämpfen darf, ist manchmal ein Sichtschutz hilfreich, also beschwört man ihn, verschiebt Vasen oder springt gleich in sie hinein, um versteckt umher zu hüpfen, fast wie Solid Snake in einem Pappkarton.


Es gibt also des Öfteren mehrere sinnvolle Taktiken. Für das kombinatorische Salz in der Beschwörungssuppe sorgt die Telekenise. Neben dem Kopieren und Beschwören von Gegenständen kann Zelda ihren Geist als grünen Strahl aussenden: Auf bestimmte Distanz kann sie nahezu alles an Objekten bis hin zu riesigen Felsen anvisieren und fixieren, um mit ihnen zu interagieren. So kann sie einen Schatz aus dem Sand heraus wuchten oder eine Statue in Reichweite ziehen, sie kann lästige Hindernisse verschieben, Geheimwege öffnen oder etwas in den Abgrund befördern.



Sie kann sogar eine Kopie der Bewegung erstellen, um sie nachzuahmen, was zu ersten Verzwirblungen im Hirn führen kann, wenn man es nicht auf Anhieb verinnerlicht. Auch die Physik spielt hier mit: Eine Holzkiste schwimmt auf dem Wasser, während schwere Objekte untergehen, so dass man sich auch Pontons bauen kann. Wenn man mit diesem grünen Strahl sowie den Gesetzen der Schwerkraft und des Feuers hantiert, erinnert das mitunter an den Action-Plattformer Trine aus dem Jahr 2009, von dem Frozenbyte letztes Jahr immerhin den fünften Teil veröffentlichte; eine Kurzkritik zum Spiel der Finnen gibt es in der 11. Breitseite.


Schließlich kann man diesen Strahl geschickt mit seinen Bauwerken verbinden, um Feintuning zu betreiben: Wenn die Brücke aus drei oder vier überlappenden Betten z.B. zu wenig Reichweite über den Abgrund bietet, kann Zelda jedes einzelne Bett anvisieren und mit ihrer Telekinese etwas weiter nach vorne verschieben, so dass sie am Ende deutlich länger wird. Zwar sieht das rein statisch gar nicht mehr korrekt aus, aber man fühlt sich fast ein kreativer Pionier.


Der unterbrochene Spielfluss


Dieses Experimentieren und Tüfteln macht Laune, aber es gibt zähe Phasen, die den Spielfluss unterbrechen. Zum einen, was das Anvisieren angeht: Das kann recht umständlich sein, denn man hat keinen Cursor zur direkten Fixierung. Manchmal erwischt man zwar das Ziel in direkter Sichtlinie, aber eben nicht immer. Dann muss man über die Schultertaste durch alle verfügbaren Objekte schalten, bis man das gewünschte endlich erreicht. Außerdem kann Zelda bald nicht nur direkt vor sich, sondern auch in kürzerer Distanz ein Objekt beschwören, aber der dafür angezeigte Richtsstrahl ist nicht sehr hilfreich für die optimale Reichweite, so dass man es über Trial&Error versucht.


Zum anderen betreibt man letztlich viel gleichförmiges Handwerk, für das man immer wieder das Menü öffnen und durch eine schier endlose Reihe an Teilen wühlen muss. Weil man keine Blaupausen erstellen kann, wird man Treppen der simplen Art z.B. dutzendfach aufs Neue herstellen, bis Zelda endlich den Froschring erhält und höher springen kann. Vorher kann sie das nur, wenn sie die Macht des Schwertes aktiviert. Deshalb hab ich mich richtig über den Ring gefreut, denn der Spielfluss profitiert enorm von dieser Sprungkraft und Nintendo ermöglicht ihn genau zu dem Zeitpunkt, als das ständige Treppengefummel zu nerven begann.



Zwar gibt es im horizontalen Menü der Beschwörungen einige Filter, darunter die zuletzt benutzten Dinge, aber es wird einfach immer länger und man hat irgendwann einen halben Hausrat plus Monsterzoo in der Tasche. Ähnlich gestöhnt habe ich über die verfügbare Masse in Tears of the Kingdom, aber hier nutzt sich immerhin nichts ab und es gibt zumindest keinen Waffenüberfluss. Zelda galt ja mal als Anti-Rollenspiel. Und natürlich besitzt man keine Charakterwerte wie Stärke oder Geschick, selbst die Namen gebende Weisheit wird nicht gezählt. Aber wenn man sich anschaut, dass es Haupt- und Nebenquests, ein Inventar mit Rohstoffen, Ausrüstung zum Wechseln sowie einen Begleiter, ein Schwert und eine Energieleiste gibt, die alle im Level aufsteigen, dann wirkt das im Vergleich zu den reduzierten Anfängen des Action-Adventures fast schon episch überfüllt. Ich würde Nintendo für die kommenden Abenteuer auf der Switch 2 dringend zur Reduzierung raten.


Tears of the Kingdom lässt grüßen


Man merkt diesem Abenteuer einfach an, dass sein Spieldesign an die jüngeren Traditionen von Breath of the Wild und Tears of the Kingdom anknüpft, wo es ähnliche Abnutzungserscheinungen aufgrund der Masse gab. Natürlich färben auch die positiven Aspekte ab: Nicht nur hinsichtlich des Bauens und Tüftelns fühlt man sich an die offene Welt von Hyrule erinnert, sondern auch was so einige Wesen und Wechselwirkungen angeht. Man kann z.B. Lager von den orkähnlichen Eblins säubern, um an die Schatzkiste zu gelangen. Man kann Gras entzünden, so dass ganze Wiesen abbrennen.


Und man kann die Fee besuchen, die dann umgehend einen neuen Platz für die Ausrüstung freischaltet. Allerdings wird damit leider nicht immer das Spielerlebnis wie mit dem erwähnten Froschring, sondern wie beim Fernglas manchmal nur eine schnöde Beutestatistik verbessert, so dass man häufiger Edelsteine oder Zutaten findet, anstatt eine neue Aktion zu erhalten.

So ein wenig überschattet der vererbte Fluch der Masse das Abenteuer.


Es gibt mit den Smoothies dutzende Tränke, die Zelda temporäre Widerstände z.B. gegen Kälte oder Blitze, oder Aktionsboni wie z.B. längeres Tauchen oder Klettern verleihen. Für all das braucht man Zutaten von der Traube bis zur Milch, von der Chilli bis zum Honig, vom goldenen Ei bis zum Monsterhorn. Zwei davon werden gemixt und wer zehn, zwanzig oder mehr Rezepte freischaltet, wird am Früchtestand mit einem besonderen Gegenstand belohnt. Von den Zutaten hat man irgendwann so viel, dass eine Kiste am Ende eines Rätsels mit weiteren fünf Seepferdchen als Belohnung einfach nicht mehr für Freude sorgt - genau so ging es mir auch in den offenen Welten.


Bühne frei, für all die Monster


Aber dafür hat dieses 2D-Zelda einen bereits erwähnten Joker, den ich aufgrund seiner Langzeitwirkung für den Spielspaß nochmal lobend erwähnen muss: und zwar die Monster. Die Welt wird von so putzigen Wesen bevölkert, dass man so manche knuddeln will. Okay, vielleicht nicht die miesen Elektrogurken, die hab ich in den Sümpfen regelrecht verflucht. Aber schaut euch mal so einen Grubert an, diesen fleißigen Pionier von einem Maulwurf, der einem sogar Tunnel zu geheimen Schatzkammern in die Tiefe gräbt! Oder die coolen Raben, die einem Edelsteine bringen. Oder der putzige Tornado, der einfach alles an lästigem Kroppzeug wegpustet. Oder mein bester Beißkumpel unter Wasser, der wunderbar humorlose weiße Hai. Selbst Freunde von Dark Souls kommen mit dem schwarzen Ritter auf ihre Kosten, hinter dessen wuchtigen Hieben man sich verstecken kann.


Egal ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft: Dieses Bestiarium erinnert in seiner Vielfalt fast an jenes von Pokémon. Zumal all die Wesen und Monster nicht nur Elemente kontern und für den Kampf, sondern auch für Rätsel eingesetzt werden können, so dass es immer kombinatorischer wird. Nicht nur Grubert ist nützlich, denn Spinnen liefern vertikale Kletterseile, auch Kerzol kann als hüpfende Flamme sehr hilfreich sein, dunkle Räume erhellen, Schalen entzünden und ganze Spinnennetze verbrennen. Wenn endlich im weiteren Verlauf mehr Fallen, Mechaniken und Hindernisse auftauchen, werden auch die eigenen Wesen immer wichtiger.



Darunter z.B. der streng geradeaus marschierende Golem, dessen Laufweg man so timen muss, dass er parallel mit Zeldas Schritten eine Bodenplatte erreicht, damit sich endlich eine Tür öffnet. Richtig wettermächtig wird es mit der Kröte, die mit ihrem Gesang den Regen in einem kleinen Gebiet herbei rufen kann, damit sich dort Feuerbarrieren auflösen und Zelda weiter ziehen kann. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass man viele der Objekte und Monster gar nicht braucht und sich auf seine Favoriten beschränkt.


Von der Leckerbude bis zur Bossarena


Auf jeden Fall entsteht ein dynamisches Spielgefühl mit viel Interaktion und Freude am Experimentieren. Hinzu kommt einiges an Komfort, zumal es automatisches als auch manuelles Speichern gibt und jede Menge Teleporter für die Schnellreise. Irgendwann kann Zelda dann im Sattel zu Pferde flotter durch die Welt galoppieren und vielleicht all das nachholen, was bisher unerledigt blieb, wobei es zwischen den Regionen deutliche Unterschiede gibt, was den Anspruch sowie Interaktionen angeht.


Rund um den Eldin Vulkan kann man z.B. kaum etwas in der Vertikalen erkunden, wohingegen es im Hebra-Gebirge endlich mal mit dem Klettern und Frieren losgeht.

Bei den Gerudos erhält man so einige Aufträge in der Wüste und bei den Dekus im Sumpf wird es sowohl kämpferisch anspruchsvoller als auch erzählerisch lebendiger - und witziger. Meist geht es in den Nebenquests um das Holen und Bringen von Zutaten, Monstern oder Gegenständen.


Immerhin gibt es auch interessantere Aufgaben, wenn man sich etwa auf die Suche nach magischen Fliesen macht, die sich irgendwo an einem entfernten Ort in der Wüste verbergen sollen. Oder wenn man einen Verräter innerhalb der Wachen von Hyrule ausfindig machen soll, indem man ein wenig recherchiert und beobachtet. Und wo bekommt man bloß die verflixte Mitgliedskarte für die Leckerbude der Dekus her?



Aber im Zentrum stehen natürlich die großen Risse, die man in mehreren Etappen schließen muss, damit die Welt um sie herum wieder aufblüht. Es beginnt meist mit einer Erkundung der Parallelwelt des Nichts, in der man die gefangenen Bewohner sowie die verlorenen Seelen von Tri aufspüren muss. Dann bekommt man irgendwann Zutritt zu einem mehrstöckigen Dungeon, muss wie Link den Schlüssel für die letzte Kammer finden und dort den Boss besiegen - und diese Dungeons machen richtig Laune. Kaum ist man drin, muss man sie lösen.


Schön ist, dass die eher kurzweiligen als spektakulären Duelle die bisher erworbenen Fähigkeiten und Monster berücksichtigen, so dass man auf dem Weg zum Finale schon etwas trainiert hat. Letztlich geht es darum, clever auszuweichen, die richtigen Wesen zu beschwören und sich effizient der Macht von Schwert, Bogen und Bombe zu bedienen. Wer den Boss und seine Phasen ein wenig beobachtet, wird bald dessen Schwachstellen finden und als einigermaßen erfahrener Spieler gut durchkommen.



FAZIT


Dieses kleine The Legend of Zelda spielt sich wie ein Echo der beiden großen Abenteuer. Ich hatte über die knapp 25 Stunden viel Spaß damit, vor allem mit dem Meistern der Dungeons, die sich endlich wieder an der Tradition der Klassiker orientieren. Der Schwierigkeitsgrad steigt mit der Erkundung der kunterbunten Spielzeugwelt eher sanft an, die Rätsel werden aber immer kreativer und man freut sich über all die Mittel und Wege, die Zelda für die Überwindung von Hindernissen und Feinden zur Verfügung stehen. Irgendwann hat man einen halben Haushalt samt Zoo von der Topfpflanze bis zum Killeranha im Gepäck, inklusive zig Bau- und Beschwörungskombinationen. Allerdings hallen nicht nur die positiven Merkmale der offenen Welten nach, denn man konstruiert sehr oft dieselben Treppen sowie Brücken und die Masse an Zutaten kann nerven. Außerdem entwertet Zeldas Nickerchen die Herzen, der Spielfluss wird des Öfteren vom Steuerungsgefummel unterbrochen und manche Areale im Nichts verströmen eher fades Baukastenflair als das Unheimliche einer dämonischen Parallelwelt. Hinzu kommen Ruckler sowie teils nervige Musik. Unterm Strich überwiegt allerdings der Charme der Spielwelt, vor allem das interaktive Potenzial der Monster ist wunderbar und die Dungeons sind die Highlights dieses guten bis sehr guten Abenteuers. Unterm Strich hat mich Tunic als Action-Adventure allerdings eine Klasse besser unterhalten und wesentlich intensiver beschäftigt. Da kehrte quasi ein Spielgefühl aus alter Zeit mit neuer mysteriöser Wirkung zurück. Hier ist es eher so, als würde etwas aus neuer Zeit in bekannter Puzzlemanier aufgefrischt. Auch das macht wie gesagt Spaß. Aber ich würde Nintendo aus spielhistorischer Sicht wünschen, dass sie sich wieder auf ihre reduzierten Anfänge besinnen.


(Bílder: The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom, Nintendo Switch)

13 Comments


Andy
Andy
Dec 27, 2024

Eine wunderbare tolle Rezension, vielen Dank. Habe das Spiel vorgestern begonnen und es hat mich schon voll reingesogen. Natürlich muss man mit dem Look klarkommen, der ist schon eigen. Jedoch aber auch supersüss und ich mag das cozy gaming flair, den das Spiel verströmt, grad enorm. Das Inventargefummel ist manchmal etwas mühsam, dennoch habe ich total viel Spass am Spiel und freue mich gerade aufs Wochenende, wo ich genügend Zeit habe wieder nach Hyrule zurückzukehren.

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godsinhisheaven
godsinhisheaven
Oct 16, 2024

Ein wirklich sehr schöne auführliche Besprechung!

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Shake_s_beer
Shake_s_beer
Oct 14, 2024

Vielen Dank für die Einschätzung! Ich freue mich darauf, es zu spielen. Aktuell sitze ich noch an Star Wars Outlaws, danach werde ich mich dann aber Zelda widmen.

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Sven
Sven
Oct 13, 2024

Gute Rezension! Zumal ich Zelda mag und die charakteristischen Stärken der Serie schätze. Hier werde ich aber skippen. Ich fand den Vorgänger Link's Awakening recht gut, aber nicht überragend. Deine Rezension beantwortet aber umfassend alle Fragezeichen die ich hatte, auch wenn ich kaum mit einem Kauf liebäugelte, interessiert mich dennoch die Designrichtung, die Nintendo einschlägt. Echoes of Wisdom kann man nur als Parallele zu Tears of the Kingdom sehen. Sehr logische, kohärente Ausrichtung der Serie. Auch aus ökonomischen Gesichtspunkten. Die Engine steht jeweils, der Erfolgsgrad lässt sich gut vorhersagen, weil es sich eher um Detail- und Umfangerweiterungen handelt. Daher danke, ich weiß jetzt Bescheid.

Edited
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Den Froschring habe ich auch gerade bekommen und ja, definitiv genau zum rechten Zeitpunkt. ^^"

Unterschreibe den Bericht so und hab dem bislang nicht viel hinzuzufügen. Außer das ich die Einbindung in die Map von A Link to the Past / Between Worlds weiterhin genial finde. Vor allem weil ich versuche es nebenher in die Zeitachsen einzuordnen. Da hat Nintendo echt was angerichtet mit...

Macht trotz aller Mankos jedenfalls Spaß. :)

Als back to the roots würde mir allerdings auch schon ein Remake wie Links Awakening zu Oracle of Seasons/Ages reichen. Das wäre ein Träumchen. Spiele ich heute noch gern.

Sonst: Die Freiheit an sich finde ich ja nicht verkehrt, nur hat die ALttP schon ansatzweise geboten, ohne dass ich's…

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