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Schöne Aussicht: Die Labyrinthe von Mari Zand

Autorenbild: Jörg LuiblJörg Luibl

Ich habe großen Respekt vor Künstlern, die mit ihren Zeichnungen und Illustrationen die Fantasie anregen. Sie öffnen die Tore, durch die Erzähler, Programmierer und viele andere gehen, um die Welt dahinter zu formen. Manchmal schaut man ein Bild an und wünscht sich fast rein. Wie etwa in dieses Labyrinth namens "Secret Garden"von Mari Zand aka MadMacara:

Secret Garden, MadMacara.
Secret Garden, Mari Zand.

Auf den ersten Blick zieht mich "nur" diese verschachtelte Idylle an, die mediterran bis orientalisch anmutet, fast wie eine Variante der Hängenden Gärten von Babylon. Und auf den zweiten Blick offenbart sich eine unglaubliche Fülle an kleinsten 3D-Würfeln, denn die aus dem Iran stammende Künstlerin arbeitet am liebsten mit Voxeln.

Videospieler kennen diese volumetrischen Pixel, die seit Anfang der 90er mit den älteren Bildpunkten konkurrierten, indem sie zu den Werten des normalen Pixels eine weitere Z-Koordinate für die Tiefenlage im Raum boten; Kyle Freeman von der kalifornischen Spieleschmeide NovaLogic hatte sie quasi erfunden und eine Engine namens Voxel Space patentiert. Spiele wie Comanche (1992), Delta Force (1998) und Outcast (1999) basierten auf dieser Grafikdarstellung, die zunächst in Vergessenheit geriet, aber im Jahr 2009 mit Minecraft und (der hervorragenden Zelda-Hommage!) 3D Dot Game Heroes ein verblüffendes stilistisches Comeback feierte und auch seit 2016 in No Man's Sky zum Einsatz kommt. Aber zurück zu Mari Zand, die es mit ihrer Voxel-Kunst schon in zahlreiche renommierte Ausstellungen und auf digitale Plakatwände wie dem Times Square in New York geschafft hat.


The Line To Anchor City, Mari Zand.
The Line To Anchor City, Mari Zand.

Ihre Werke konzentrieren sich auf mysteriös bis mythisch anmutende Architektur, auf historisch inspirierte und futuristisch erdachte Tempel, Paläste, Städte und Labyrinthe, die den Blick des Betrachters wie Dioramen einfangen: Man schaut von schräg oben hinein, so wie in Trüberbrook (2019), Fantasian (2021) oder Triangle Strategy (2022), das ich hier rezensiert habe. Auch Mari Zand erschafft faszinierende Schauplätze zwischen Fantasy und Science-Fiction, die man am liebsten sofort erkunden möchte. Wie hier links zu sehen die Anchor City, zu der es eine Kurzgeschichte gibt.


Ihre Arbeit gibt es in einem Sammelband namens Maze of Whispers: The Art of Mari Zand beim irischen Verlag Tune & Fairweather, der sich schon Dark Souls und Bloodborne widmete, sowohl in digitaler Edition für 15 Euro als auch edel gebunden für 70 Euro. Ansonsten findet ihr ihre Werke bei Artstation.


Maze of Whispers: The Art of Mari Zand, Tune & Fairweather.
Maze of Whispers: The Art of Mari Zand, Tune & Fairweather.

Es gibt bereits über ein Dutzend "Schöne Aussichten" im Archiv, von Fantasy bis Science-Fiction, manchmal über Sammelbände oder einzelne Motive, von legendären und aktuellen Künstlern.


Ich heiße Jörg Luibl, bin freier Journalist und biete mit Spielvertiefung seit November 2021 ein unabhängiges Magazin an, in dem die Kultur und nicht der Klick relevant ist. Ich arbeite alleine und verzichte komplett auf Werbung, Kooperationen sowie über KI erstellte Inhalte. Diese Alternative zum Reichweiten-Journalismus ist nur dank der Unterstützer über Steady möglich. Vielen Dank an alle Abonnenten!

6 comentarios


Kannte ich nicht, schönes Ding!

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Qugart
Qugart
13 ene

Ja, die haben was. Vor allem, weil es eben nur Ausschnitte sind.


@Sven: Du darfst "Voxelgrafik" nicht mit "Voxel" verwechseln. Voxelgrafik an sich gibt es nicht. Du meinst wohl die blockartigen Pixelgrafiken wie z.B. bei Minecraft. Voxel sind nix anderes als ein Datensatz. In dem Fall hier eine 3-dimensionale Ortsbestimmung. Bis Voxel Space gab es quasi nur ein Gitternetz, über das dann eine Grafik gespannt wurde. Was unterhalb der Oberfläche lag, war egal (und in der Regel auch leer). Bei Verwendung der Voxel kann auch dieser leere Raum gefüllt (und für viele viel wichtiger) auch einzeln abgetragen werden. Man kann sich das so vorstellen, als wäre jeder Datenpunkt des Voxelnetzes ein Bauklotz. Aus diesen Bauklötzen können dann jegliche Körper geformt…

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IEP
IEP
13 ene

Sieht super cool aus. Ich dachte zuerst, dass das erste Bild den Temple of the Ancients aus dem Original FF7 darstellen soll. In jedem Fall: Toller Stil

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Erinnert sehr an den großartigen MC Escher. Was mir bei Mari zand ein wenig fehlt, ist der "Ein- und Ausgang" in diversen Bildern ebenso, wie die praktische Ausführung der verschiedenen Bögen. Auf mich wirken die Bilder auf den 2. Blick nicht mehr ganz so toll, wie auf den ersten. Aber definitiv tolle Hingucker! Danke für den Beitrag!

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Sven
Sven
12 ene

Ja, sehen wirklich toll aus. Ich frage mich v.a. beim futuristischen zweiten Bild The Line to Anchor City, was das gleißende Licht aus dem Tor verursacht. Ein Portal in eine nochmal andere Welt?


Ich wußte gar nicht, dass Voxelgrafik bei No Man's Sky eingesetzt wurde. Habe es auch nicht gespielt. Ich nahm an, dass nach den Experimenten einiger Studios Ende der 90er Voxel quasi chancenlos ist in der Videospielindustrie. Ich erinnere mich, dass einige Echtzeitstrategie auf Voxel setzten und das Blade Runner Adventure von Westwood. Mutiges Experiment schon damals. Sicher, vordergründig war es Pixelmatsch, der sich auch noch zusätzlich vom Hintergrund absetzte. Aber dadurch stach das Adventure irgendwo auch hervor. In einer Geschichte um künstliches und menschliches Leben, wirken alle…

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