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Warhammer 40,000: Rogue Trader: Rollenspiel mit viel Geschichte

Wie es zum Erfolg der britischen Firma Games Workshop kam, lese ich gerade in Dice Men von Ian Livingstone. Vor allem die lukrative europäische Lizenz für Dungeons & Dragons, aber auch die Abenteuer-Spielbücher der Fighting Fantasy, die zu Bestsellern avancierten, legten wichtige Grundsteine. Es ist übrigens erstaunlich, wie emsig Livingstone trotz des finanziellen Erfolges weiter das Schreiben und Ersinnen von Abenteuern verfolgte - er fühlte sich immer mehr als Redakteur denn als Manager einer Firma.


Etwas zu kurz kommt in diesem biografischen Rückblick vielleicht das, was heutzutage die meisten Tabletop-Fans mit Games Workshop verbinden: Warhammer 40k. Also die Welt der Space Marines und des Imperators. Die Initialzündung für diese düstere Science-Fiction reicht zurück bis 1987. Übrigens ein tolles Jahr, kurz vor dem Start der 16-Bit-Ära: Der Amiga 500, die Forgotten Realms, Dungeon Master, Final Fantasy und Phantasy Star feierten ihre Premiere.


Aber auch Warhammer 40,000: Rogue Trader, das ja bald von Owlcat Games für den PC umgesetzt wird. Und darauf darf man sich freuen, denn die Genre-Spezialisten aus Zypern haben mit Pathfinder: Kingmaker (2018) sowie Pathfinder: Wrath of the Righteous (2021) bewiesen, dass sie sehr gute Rollenspiele im klassischen isometrischen Stil designen können. Damit bewegen sie sich in renommierter Gesellschaft der Larian Studios (Divinity: Original Sin 2), von inXile (Wasteland 3) und Obsidian Entertainment (Pillars of Eternity 2). Hier der aktuelle Trailer:



Man schlüpft in die Rolle eines Freihändlers, der mit seinem Raumschiff sowie seiner Crew nach eigenem Ermessen durch das Weltall reisen kann. Ob man sich dabei dem Imperator gegenüber treu verhält oder die Seiten wechselt und z.B. dem Chaos dient, bleibt einem selbst überlassen. Es wird interessant sein zu beobachten, wie die eigenen Gefährten auf diese Entscheidungen reagieren. An Bord befindet sich eine illustre Gesellschaft nahezu aller Fraktionen und Mächte. Noch sind einige Fragen offen, aber ich freue mich auf dieses erste Computer-Rollenspiel in der Warhammer-Welt, das neben taktischen Gefechten samt Deckung im XCOM-Stil hoffentlich auch einiges an Story, Party-Interaktion und Drama zu bieten hat.


Auf jeden Fall ist diese digitale Umsetzung ein Anlass, um mal einen Blick auf die Tabletop-Ursprünge dieser Welt zu werfen: Ersonnen wurde sie nicht von Livingstone, sondern von Rick Priestley. Der hatte 1983 erste gute Erfahrungen mit der Konzeption von Miniaturen-Gefechten in Warhammer Fantasy Battle gesammelt, denen er dann eine futuristische Variante gegenüber stellte, die zehntausende Jahre in der Zukunft spielte.


Science-Fiction gab es anno 1987 übrigens noch recht wenig auf dem Tisch: Zwar folgten auf Traveller (1977) andere Pen&Paper-Rollenspiele, und 1984 startete mit BattleDroids die in den 90ern so erfolgreiche BattleTech-Reihe, aber Miniaturen und Scharmützel mit Laser, Granaten und Fahrzeugen waren eher selten.


Das sollte sich ab 1987 ändern, als das erste Regelbuch für Warhammer 40,000 erschien, dem viele weitere samt eigener Romane folgen sollten. Zunächst ging es darin noch um Gefechte zwischen kleinen Truppen, die einer Geschichte samt Spielleiter folgten - also so wie in einem Pen&Paper-Rollenspiel. Später verlagerte sich der Fokus auf Gefechte zwischen zwei oder mehr Teilnehmern, die ihre Armee bemalten und managten, wobei die Einheiten bzw. Fraktionen immer ausgefeiltere Fähigkeiten bekamen.


Das war die Geburt der Tabletop-Kriege mit Miniaturen, die eher der Tradition der älteren Wargames als Dungeon&Dragons folgten. Übrigens gab es zunächst nur einzelne Figuren, aber die heute bekannten Sets mit Truppen samt Farben, Pinsel & Co sollten bald folgen. Natürlich sorgte der Mix aus bekannten Fantasyvölkern wie Orks oder Elfen (Eldar) mit Dämonen, Androiden und Aliens für einen bizarren Reiz.


Aber dass dieses ebenso brutale wie pessimistisch designte Universum, in dem die Menschheit fast hoffnungslos von Aliens und übernatürlichen Mächten bedroht wird und in einem totalen Krieg versinkt, derart erfolgreich sein würde, war nicht abzusehen. Rick Priestley nannte u.a. die Werke von H.P. Lovecraft und Michael Moorcock, dazu Frank Herberts Dune und Das verlorene Paradies von John Milton als Inspiration. Das würde zumindest die mythisch-religiösen Elemente ebenso erklären wie den apokalyptisch-kritischen Blick auf eine Menschheit, die übrigens Künstliche Intelligenz so fürchtet wie der Teufel das Weihwasser.


Ich bin gespannt, inwiefern Owlcat Games dieses aktuelle Thema sowie die spezielle Atmosphäre der Warhammer-Welt einfangen kann. Vielleicht beginne ich dann auch endlich mal mit den Romanen.


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