Rezension: Mandragora: Whispers of the Witch Tree (PC, PS5, XBS, SW)
- Jörg Luibl
- 24. Apr.
- 12 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Mai
Demon's Souls ist eines der einflussreichsten Spiele der letzten zwanzig Jahre. Es begründete erst eine Reihe, dann ein Genre und reaktivierte mit seinem Nervenkitzel sowie der Ästhetik ein verloren geglaubtes Spielgefühl. Bis in die zweite Dimension hinein wirkte sich der Kampf um Seelen aus, wo eine ganze Phalanx an Metroidvanias von Salt and Sanctuary über Hollow Knight bis Dead Cells seit etwa 2016 aufmarschierte. Und in diese reiht sich Mandragora mit einem überaus ansehnlichen Auftritt samt Rollenspielflair ein.
Das Schauspiel des Gremlins
Wenn ich eine Rezension mit einem Lächeln im Gesicht schreibe, nur weil ich an einen Gremlin denken muss, dann hat das Figurendesign anscheinend einen Nerv getroffen. Im Spiel lauert er mit einem bösen Grinsen wie eine Fledermaus unter einer Decke. Wenn man sich nähert, stürzt der Gremlin mit einem fiesen Lachen und einem viel zu großen Breitschwert hinab, das er in einem weit ausladenden Hieb schwingt. Man kann ihn relativ leicht besiegen, indem man blockt oder wie in Dead Cells durch ihn hindurch ausweicht. Wer einen Krieger mit Schwert und Schild wählt, kann seine Hiebe kontern und ihn für ein paar Sekunden ins Taumeln bringen.
Das Parieren ist übrigens nicht so knifflig wie kürzlich in Nine Sols, denn das Zeitfenster für die Riposte ist etwas weiter geöffnet, so dass es sich auch gegen Bosse lohnt. Es ist auch nicht verpflichtend wie im Soulslike aus Taiwan, denn man kann mit zwei Klingen rein offensiv oder als Magier diverser Art auf Distanz beginnen, so dass sich Spielgefühl und Taktik angenehm deutlich ändern, zumal das unterschiedliche Verhalten der Gegner hinzu kommt. Wer einem flinken Assassinen, der vergiftete Dolche wirft und schnell ausweicht mit direkten Kontern statt Chaosblitzen aus der Ferne begegnet, hat es natürlich schwerer.
Sehr schön ist auch, wie manche Feinde mit Turmschild das einfache Durchrollen verhindern oder sich direkt für einen Gegenschlag umdrehen. Allerdings kosten Zauber ebenso wertvolles Mana wie Manöver kostbare Ausdauer, so dass man nicht ständig angreifen, aus der Ferne brutzeln oder endlos verteidigen kann, was dann sehr schön mit immer trägeren Hieben animiert wird. Und wenn wenn man getroffen wird, dann tut das richtig weh und man segnet schnell das Zeitliche. Es kracht hier in 2,5D nicht so wuchtig oder anspruchsvoll wie im 3D-Soulslike The First Berserker: Khazan, aber die Auswirkungen sind vom Schlag bis zum Taumeln ansehnlich.
Aber zurück zum Schauspiel des Gremlins: Selbst im Tod liefert er noch eine köstliche Theatervorstellung, wenn er von seinem eigenen Schwert aufgespießt wird und mit einem Schrei auf dem Rücken liegend stirbt, so dass man schmunzeln muss. Obwohl Mandragora mit dem brutalen Exorzismus einer Hexe und mit einem Inquisitor als Helden eher humorlos beginnt, begegnet man über die 40 bis 50 Stunden häufiger diesem charmanten Augenzwinkern in der Story sowie dem Artdesign - sogar der Händler aus Resident Evil 4 lässt in Gestalt des Magiers Rhys grüßen; zumindest fühlte ich mich an ihn erinnert.

Die Welt von Faelduum zeigt Dark Fantasy mit einigen folkloristischen Bezügen, von der Namen gebenden Alraune über Spukhäuser bis zum sprechenden Totenschädel. Sie ist jedoch farbenfroher und stilistisch weniger streng als etwa das ikonographisch religiöse Blasphemous. Trotzdem kann sie böse beißen: Weniger amüsant als der Gremlin ist z.B. ein Werwolf, der als Boss eine Brücke bewacht. Nicht nur hier zeigt das Figurendesign eine Ähnlichkeit zu den Miniaturen aus dem Hause Rackham, die mit ihrem Fantasystil in Confrontation und Cadwallon zu meinen Favoriten unter den Tabletop-Rollenspielen gehörten, bis der Hersteller 2007 leider Pleite ging.
Ansehnliche Dark Fantasy
Die seitwärts scrollende Kulisse gehört zum Stimmungsvollsten, was ich in den letzten Jahren im Bereich der Fantasy gesehen habe und wird technisch von der Unreal Engine befeuert. Bei der Wahl einer der sechs Startklassen im Charaktermenü war ich noch skeptisch, denn manches wirkte mir zu bunt. Aber kaum bewegt man sich durch Städte, Wälder und Sümpfe, entfaltet sich eine angenehme Atmosphäre mit tollen Kontrasten, die zwischen mittelalterlich gemütlich, märchenhaft verwunschen und unheimlich düster wechselt. Dabei gefällt mir die Lebendigkeit sowie Hingabe zum Detail von der vorderen bis zur hinteren Ebene, vom gefüllten Gasthaus bis zum einsamen Kerker.
Jemand fischt an einer Brücke, ein Vater erzählt seiner Tochter schlechte Witze, das Laub weht im Wind, der Qualm schwelt schwer in Spiralen und ein Uhu blickt dem Spieler beim Verlassen der Stadt genau hinterher. Ich mag die leicht animierten, sehr gut gezeichneten Portraits in Dialogen, die an Rollenspiele wie Baldur's Gate erinnern. Und manchmal wirkt diese Dark Fantasy mit ihren tollen Kontrasten auf mich so, als hätten die Brüder Hildebrandt ihr malerisches Licht in ein dämonisches Castlevania fließen lassen - selbst die Kapuzen mit Zipfeln, die u.a. hünenhafte Grobiane tragen, erinnern an ihre berühmten Illustrationen zum Herr-der-Ringe-Kalender von 1976.

Die Künstler hinter Mandragora verdienen jedenfalls ein Extralob für ihre herausragende Arbeit. Sie kommen vom ungarischen Primal Game Studio in Budapest, das 2015 die Echtzeit-Strategie Supernova produzierte und seit 2018 an Mandragora werkelte. Es wurde 2022 über Kickstarter angekündigt, konnte in der Kampagne 276.000 Dollar von knapp über 5200 Unterstützern sammeln und sollte 2023 veröffentlicht werden. Aber wie das so ist, kommt immer irgendwas dazwischen und man hat die Zeit offensichtlich genutzt, um eine hohe Produktionsqualität zu erreichen, die sich auch in den gut gesprochenen englischen Dialogen, der deutschen Text-Übersetzung sowie der Musik zeigt.
Hexenschwester gesucht
Sie wurde von Christos Antoniou (Paradox) komponiert, dessen Melodien von fast einsam traurigen Klavierlauten, die mich tatsächlich an Passagen aus der TV-Serie Severance erinnert haben, bis hin zu orchestral galoppierenden Stücken reichen. Zwar wiederholt sich manches etwas zu schnell, aber die Qualität wird durch die Teilnahme des Prager FILMharmonic Orchestra sowie namhaften Sprechern wie Aysha Selim (Overwatch) unterstrichen. Ihre Stimme flüstert dem Spieler schon im Einstieg verschwörerisch zu. Und damit komme ich zur Geschichte, die in der so genannten Scharlachstadt mit einer brutalen Hinrichtung beginnt.
Ein Königspriester versucht sich im Intro an einem Exorzismus, der eigentlich das Böse aus einer Hexe vertreiben soll. Als Inquisitor schaut man nur grimmig zu, aber dann geht etwas schief, man rammt einen Speer in sie, doch wird plötzlich von ihrer Macht durchströmt. Das macht den Königspriester durchaus misstrauisch, aber er schickt den Spieler erstmal in die weite, von Monstern und Dämonen bedrohte Welt. Dort soll er die Schwester der Hexe suchen und zu ihm bringen. Was er nicht weiß ist, dass die Hexe dem Inquisitor bereits zuflüstert. Und als man erste verschwörerische Dialoge mit ihr führt, freut man sich fast auf Diskussionen à la Planescape Torment.

Es gibt durchaus moralische Konflikte, aber es bleibt bei Rollenspielflair light ohne philosophische Dispute oder viele Multiple-Choice-Dialoge. Außerdem lässt das Flüstern der Hexe zunächst nach. Das ist schade, denn es gibt einige mysteriöse Stellen, wie die sichtbaren Risse in der Welt oder dämonische Kreaturen, die schon fast nach einem Hinweis der Hexe schreien. Stattdessen gibt es lediglich einen kurzen Kommentar des Helden, den das anscheinend nicht wundert. Obwohl das Verhältnis zwischen Inquisitor und Hexe weiter neugierig macht, hat man hier einiges erzählerisches Potenzial verschenkt und zeigt nicht dieselbe Hingabe wie im grafischen Bereich.
Rollenspiel light
Das gilt ebenfalls für die Nebencharaktere, die durchaus interessante Persönlichkeiten haben und mit denen man sich in gut geschriebenen Dialogen unterhalten kann. Aber nachdem man alle Fragen über deren Heimat und Beruf linear durch ist, kann man lange Zeit nichts Neues erfahren oder gar eine Beziehung entwickeln. Trotzdem bin ich der von Brian Mitsoda (Vampire: The Masquerade - Bloodlines) konzipierten Geschichte gerne gefolgt, zumal sie in einigen Nebenquests tolle Überraschungen parat hat, sowohl Nebencharaktere als auch Hexenstimme bald etwas lauter werden und sie an relevanten Punkten wieder Fahrt aufnimmt, sobald man sich entscheiden muss und damit eines von mehreren Enden beeinflusst.
Neben der Hauptaufgabe, dem Auffinden der zweiten Hexe, gibt es zudem einige interessante Nebenaufgaben, mit etwas Spuk und Rätselcharme oder auf der Suche nach Knochen für einen sprechenden Schädel. Außerdem stehen an einer Tafel simple Kopfgeldjagden à la Töte-20-Spinnen zur Wahl, für die man Geld bekommt. Allerdings sind die Beschreibungen manchmal etwas vage, so dass man trotz eines per Fragezeichen markierten Gebiets auf der Karte wie Odysseus umherirren kann. So erging es mir z.B. auf der Suche nach der sehr wichtigen Fähigkeit des Bodenschlags, der den Zugang zu unteren Ebenen (und einigen coolen Schätzen) ermöglicht - dabei hatte ich nur einen Gang übersehen. Und keine Bange bezüglich des Greifhakens, denn den bekommt man tatsächlich recht spät.

Für die Progression ist diese für Metroidvanias typische Verzögerung natürlich gut, denn so bemerkt man nach zehn, zwanzig oder dreißig Stunden eine spürbare Veränderung und will bis dato unzugängliche Gebiete erkunden. Auf der schematischen Karte der Spielwelt werden manche Türen, Händler, Rohstoff- und Pflanzenquellen, Bosse sowie aufbrechbare Böden per Symbol automatisch angezeigt. Dazu gehören allerdings nicht die Kletteroptionen für den Greifhaken, sichtbare Truhen oder Schätze sowie Tore, für die ein Schlüssel fehlt. Man kann die Karte zwar nicht beschriften, aber man kann (und sollte) diese Stellen mit den verfügbaren Symbolen markieren. Hätte ich das von Anfang an gemacht, wäre mir so manches Umherirren erspart geblieben.
Im Kern ein Soulslike
Zwar gibt es auch früher Konsequenzen, etwa in Nebenquests, aber hinsichtlich der Charaktere nicht auf diesem gnadenlosen Niveau samt gemeinsamer Kämpfe ohne Rückfahrtschein wie in der Soulsreihe. Trotzdem spürt man deren Einfluss in vielen Situationen, vom Figurendesign bis zum Bosskampf sowie im Spielprinzip. Man sammelt Seelen von erschlagenen Feinden, die man am Ort seines Todes wieder erbeuten kann. Man steigt in Stufen auf, wobei Werte wie Stärke, Elan oder Geschick mit Statuswerten sowie Fähigkeiten skalieren, so dass man sofort erkennen kann, ob man z.B. mehr Lebenspunkte, Angriffskraft oder Widerstände gegen Gift, Feuer & Co erhält.

Wer die Spiele von FromSoftware kennt, darf sich auch abseits der spielmechanischen Strukturen auf einige Déjà-vus freuen: Ähnlich wie man seit Demon's Souls den Kristalleidechsen nachjagt, kann man hier schwarzgold wabernde Kobolde verfolgen und muss sie rechtzeitig erlegen, bevor sie in einem Weltenriss verschwinden, um ihre glitzernde und überaus reiche Beute einzusammeln. Man öffnet mit einem Schlag auf Wände geheime Gänge, ist in Fahrstühlen unterwegs, aus denen man in einen seitlichen Gang springen kann, legt Schalter um und öffnet Wege, so dass man einen bekannten Ort von der anderen Seite aus entdeckt und sich Kreise auf der Karte schließen.
Mandragora ist kein reines Kampfspiel, man muss auch mal Kisten verschieben und es gibt etwas Akrobatik. Zwar ist das Hüpfen und Springen nicht so herausfordernd und prägend wie in Hollow Knight, aber es gilt so einige Abgründe und Fallen zu überwinden, von Decken schwingenden Großäxten auszuweichen sowie den erwähnten Greifhaken einzusetzen. Außerdem gibt es Fallschaden mit teils tödlichen Folgen. Dass dabei trotzdem eher eine Spannung vor dem Absprung als Frust entsteht, liegt daran, dass sich der Held präzise steuert und sicher an markierten Simsen festhält, falls man den Analogstick in diese Richtung hält. Ich hab mich daran gewöhnt, aber die Bewegung wirkt im Vergleich zum direkten Flow eines Hollow Knight oder dem Tempo eines Dead Cells deutlich träger.

Apropos Karte: Es gibt neben einem automatisch mitgezeichneten Diagramm des Labyrinths eine gemalte Weltkarte aus der Draufsicht, die man ähnlich wie in Elden Ring aus gefundenen Teilen zusammen setzt. Die ist zwar relativ klein und statisch, aber so bekommt man ein Gefühl dafür, wo sich die von allen Seiten bedrohte Stadt Whickham, dieser Grabsickersumpf oder die Scharlachstadt befinden. Dabei gefällt mir übrigens die Wahl der Namen, wobei Wickham ein wenig an Arkham erinnert und über seine Kanalisation sowie Geheimgänge mit dem Rest der weit verzweigten Welt verbunden ist, in der fair platzierte Seelenfeuer als Level-up-Stationen und Teleporter dienen.
Lager voller Handwerker
Ähnlich wie im Nexus versammelt man allmählich Gestalten in einem Lager um sich, die dort vor ihrem Wagen ihre Dienste anbieten: ein Schmied, ein Dieb, ein Magier, eine Schneiderin, eine Schmuckhändlerin, eine Alchemistin und ein Koch. Man kann mit ihnen sprechen sowie ihre Stufe erhöhen, indem man mit ihnen handelt oder passende Dokumente bringt. Und sobald sie aufsteigen, erweitern sie ihr Angebot sowie ihr Repertoire vom Assassinenring über die Feuerrune bis zum Plattenpanzer. Das klingt nach dynamischer Entwicklung, aber ich mag dieses Prinzip nicht, denn es sorgt für zu viele Wiederholungen und Routine im ewigen Hin und Her.
Sobald man mehrere Händler im Lager hat, entsteht zwar auf der einen Seite eine Vielfalt an Möglichkeiten, so dass man seinen Charakter feintunen und gezielt spezialisieren kann. Auf der anderen Seite sind die Schritte von Kupfer, Bronze bis Silber etc. sehr vorhersehbar, so dass man sich beim Aufrüsten der Kleidung, Artefakte, Ringe, Tränke etc. zu früh wie in einer Spirale fühlt - und das, obwohl es gar keine so große Flut an Waffen gibt und ich meine Klingen recht lange einsetzen konnte, was mir eigentlich besser gefällt als der ständige Tausch. Man kann sie nicht direkt in der Stufe für mehr Schaden verbessern, sondern lediglich Runen einsetzen.

Trotzdem versinkt man in einer wahren Flut an Zutaten, von Preiselbeeren über Eisenerz und Silber bis hin zu Hanf und Eiern, von der man sich zunächst gar nicht vorstellen kann, wozu man sie braucht - immerhin werden sie nicht zum Gesamtgewicht addiert. Denn ähnlich wie in der Soulsreihe wird man mit zu viel Last beim Wegrollen träger, plumpst irgendwann wie ein Stein auf den Boden oder kann gar nicht mehr rumturnen. Ich habe versucht bei einer Last um die 70 Prozent zu bleiben, um möglichst schnell und weit ausweichen zu können.
Irgendwann kommen sogar Gärten hinzu, in denen man gezielt Beeren & Co anpflanzen kann, um sie irgendwann zu ernten. Mit dieser Sammelei sowie der Herstellung und dem Levelprinzip haben es die Entwickler einfach übertrieben. Aber je mehr Handwerker man im Lager um sich schart, desto mehr Zutaten erweisen sich durchaus als nützlich.
Klassen ohne Grenzen
Und der Blick auf die tausend bunten Dinge im Inventar ändert sich ein wenig, wenn man Stufe 25 erreicht und die anderen Fähigkeitenbäume aktivieren darf. Sie sehen auf den ersten Blick beeindruckend aus, sind so verzweigt, dass man nicht alles sofort erreichen kann, locken mit Kreuzungen und über 200 freischaltbaren Punkten. Aber letztlich verbirgt sich dahinter mehr statistische Masse à la ein Punkt mehr Stärke oder Elan hier, etwas mehr Prozente Schaden oder Ausdauer-Regeneration da. Auch wenn einige interessante Wechselwirkungen und arkane Verstärkungen dabei sind, freut man sich nicht so sehr wie über den erwähnten Bodenschlag oder den Greifhaken.
Ab jetzt kann man jedoch freier mit den sechs Klassen experimentieren, sie quasi vermischen und erkennt, dass so manches an Zutaten & Co irgendwie nützlich ist, sobald man zusätzlich einen anderen Pfad einschlägt, sich vielleicht für das Gift der Nachtklinge oder die Chaosmagie interessiert, wobei Magier in einer Hand ein Artefakt tragen müssen. Das geht über Sets an Ausrüstung, durch die man mit dem Steuerkreuz schaltet, so dass aus dem Krieger mit Schild und Schwert z.B. ein ein Feuermagier mit Artefakt und Schwert wird, der auch das Schwert des Kriegers in Flammen hüllen kann.

Man kann also mitten im Kampf die Ausrüstung und damit die Taktik anpassen, was vor allem bei manchen Bossen von der Spinnenkönigin bis zum Drachen mit speziellen Widerständen nützlich ist. Meist kann man im Bestiarium nachschlagen, wo Feinde besonders verwundbar sind. Die Bosse erreichen nicht alle spektakuläres Niveau, manche sind sogar etwas fade designt, aber sie können sich sehen lassen und verlangen wie so oft das Einprägen ihres Verhaltens. Was mit schnöden Riesenratten und Riesenwölfen beginnt, steigert sich spürbar in den Dimensionen sowie im Anspruch, wobei es die zweite Phase meist in sich hat.
Hat man die Gesundheit des oben erwähnten Werwolfs z.B. auf die Hälfte dezimiert, beschwört er einen blutigen Schatten, der dessen Angriffe ein, zwei Sekunden später kopiert, so dass man doppelt wachsam sein muss. Man hat kaum Verschnaufpausen, muss sich heilen, den Sprüngen und Wurfklingen ausweichen sowie die fiesen Bodenwellen überspringen. Ich habe hier sehr viele Versuche gebraucht, um endlich die westlichen Gebiete freizuschalten. Allerdings gibt es in der Regel nicht einen Flaschenhals, sondern zwei oder drei parallele Bosse bzw. Aufgaben, so dass man sich in der Zwischenzeit weiter stärken und besser wappnen kann.

Der Schwierigkeitsgrad liegt zwar wie erwähnt klar unter jenem von Nine Sols, aber gerade in den engen Arenen kann man schonmal fluchen, zumal auch dort der Fallschaden zum Tod führen kann, wenn sich plötzlich Abgründe auftun - wer daran verzweifelt, kann die Schwierigkeit allerdings im Menü absenken. Es gibt zwar keine Stufen, aber gegnerischer Schaden und Gesundheit sowie der eigene Verbrauch von Ausdauer lassen sich jederzeit von der Standardeinstellung von 100 Prozent auf bis zu 70 Prozent verringern. Und das wirkt sich natürlich spürbar aus.
FAZIT
Mandragora ist schon ein Schmuckstück. Es wabert und glimmt, knistert und leuchtet auf eine Art, die einfach ansehnlich ist. Mit dem charmanten Kreaturendesign sowie ihren tollen Kontrasten wirkt diese Dark Fantasy auf mich so, als hätten die Brüder Hildebrandt ihr malerisches Licht in ein dämonisches Castlevania fließen lassen - es gibt auch coole Vampire und Fledermäuse in XXL, aber mein neues Maskottchen ist der Gremlin mit dem fiesen Haifischgrinsen. Zwar erreichen Spielmechanik sowie Story nicht die herausragende Qualität von Kulisse, Kreaturendesign und Musik, zumal man es bei der Sammelei von hundert Zutaten, dem Crafting sowie dem Aufleveln der Händler einfach übertrieben hat. Aber das Kampf- und Magiesystem ist ebenso unterhaltsam wie vielfältig und man erlebt eine angenehm offene und verflochtene Charakterentwicklung, bei der man sechs Klassen frei mischen kann. Das gelungene Kontersystem ist mit seinen Zeitfenstern komfortabel und dazu optional, so dass man es nicht wie in anderen Soulslikes zwingend meistern muss. Und wer an den kniffligen Bossen verzweifelt, kann den Schwierigkeitsgrad senken. Hinzu kommt charmantes Rollenspielflair light mit Entscheidungen samt mehreren Enden. Mandragora erreicht nicht die Klasse eines Nine Sols oder die rätselhafte Anziehungskraft eines Animal Well, aber ich bin dem Licht der Hexenlaterne gerne in diese ebenso labyrinthische wie malerische Fantasywelt gefolgt und wurde über knapp 40 Stunden gut unterhalten. (Mandragora: Whispers of the Witch Tree, Primal Game Studio, PS5, eigene Bilder)
PS: Damit die Diskussion an einer Stelle gebündelt wird, kann man nicht hier, sondern nur im Forum unter Kommentare zu Berichten kommentieren.
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